Zeitantworten

Zeitantworten

"Sich mitzuteilen, ist Natur; Mitgeteiltes aufzunehmen, wie es gegeben wird, ist Bildung."

Johann Wolfgang v. Goethe

Die Bildungsreform

Es hat mich immer gestört, daß so viel gesprochen und vor allem geschrieben wird, ohne ernsthafte Beziehung zu dem Berg vor uns stehender Aufgaben; also mußte ich noch eine Einfügung tätigen. Es scheint vielen (oder den Vielen?) reichlich auf den mehr oder weniger vorhandenen Geist zu gehen, wenn ich ihnen die Maske vom Gesicht zerre, schlimmer noch: wenn ich ihnen den Vorhang öffne, so daß sie sehen müssen. Aber wenn die Menschen es noch schaffen wollen, müssen sie endlich endlich aufwachen und sich zu einem Kurswechsel bequemen. Was brauche ich erst um Verzeihung für meine Provokation zu bitten, wo sie mir ohnehin nicht gewährt wird?


Wer darf das Kind beim rechten Namen nennen?
Die wenigen, die was davon erkannt,
Die töricht gnug ihr volle Herz nicht wahrten,
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreuzigt und verbannt

Johann Wolfgang v. Goethe

Die Rangordnung der Dinge aber auch der Leistungen dürfen dann nicht mehr uneingeschränkt selbst ernannte Experten aus einer Amtsstellung heraus bestimmen, die ihrerseits eben nicht ausschließlich von deren Wissen und Können abhängt. Es schwimmt schon zu viel Schmiere und Unrat auf dem Fluß des Lebens, als daß die Fische noch länger atmen könnten. Und da helfen nicht mehr nur segnende Gesten und Reden, da ist das Heil nicht mehr von Personen zu erwarten und schon gar nicht von solchen da droben, von denen viele ihrer Kommandofunktion gar nicht gewachsen sind — in Gremien wirkt sich dies noch verheerender aus — , weil sie sich durch Wohlverhalten ernennen ließen. Hier hilft uns nur "die Maschine" (eine Rationalisierung) weiter, die wie ein Computer unbestechlich ihre Aufgaben erledigt, soweit sie sich eben nach Sachlage überhaupt lösen lassen. Antworten und Hilfe können wir nur dort von einer rational aufgebauten und organisierten Institution erwarten, wo wir die richtigen Fragen gestellt und genügend Material zu deren Beantwortung zur Verfügung stellen können. Wenn wir auf die derzeitigen Studentenstreiks sehen, so erleben wir eine Hilflosigkeit von beiden Seiten her. Die Propagierung der Massenuniversitäten hat sich als eine Provokation entlarvt, welche wieder an Goethes Zauberlehrling erinnert. Nicht die Investition von noch mehr Geld in "Bildung" kann ja Abhilfe schaffen, und die Fortsetzung einer derartigen Bildungspolitik bedeutet auch keineswegs eine notwendige, ja nicht einmal eine wünschenswerte "Investition in die Zukunft", wie die Studenten daherplappern. So hat denn auch der StudentInnenrat der Humboldt-Universität den von mir angeregten Gedankenaustausch erwartungsgemäß bisher stillschweigend abgelehnt: es darf nur sozialistische Wahrheiten geben, denn VERGLEICHEN wäre ja schädlich.

Vor dem Ins-Netz-stellen dieses Beitrages werde ich ihn also dem StudentInnenrat der Humboldt-Universität zur Kenntnis geben. Außerdem meldete ich mich am 14. Dezember 2003 telefonisch beim Jugendsender FRITZ in Blue Moon zur Debatte und wurde auch zugelassen. Der pflichtschuldigst linksindoktrierende Moderator hatte erwartungsgemäß einzuwenden, daß bei bedarfgerechter Ausbildung die Studierfreiheit auf der Strecke bliebe. Stellungnahmen aus dem Publikum unterblieben. Das Höchstmaß moderatorischer Einsicht galt einer Zahnmedizinstudentin im neunten Semester. Eine Studentin hatte ihr vorgeworfen, daß auch andere Ärzte die Patienten über die Streikzeit behandeln könnten. (Es wäre für unsere heutigen Studenten zu weit gedacht, daß die Studierenden doch froh sein müssen, wenn sich Übungssubjekte finden. Als ich selbst Student war, hat in Berlin eine solche Übende mir einen lebenden Nerv freigelegt.) Hier war sogar einmal der Moderator einsichtig, daß ein Patient mit einem Loch im Zahn wohl kaum Verständnis für die Streiknotwendigkeit aufbringen könne, um öffentliche Haushaltslöcher zu stopfen. Aber entgegen der Moderatorenbehauptung, die Streikvertreter hätten Vorschläge an die Politik, waren solche nicht zu hören. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Reiche, kann man nun doch wirklich nicht als originell einstufen, nachdem die Regierungsparteien sie ja beinahe schon beschlossen haben: die Steuerberater haben Hochkonjunktur; Wirtschaftsinvestitionen werden aber vermutlich gegenüber Geldabflüssen ins Ausland zurücktreten. Sauer waren die Studenten, daß vom Senat niemand mit ihnen reden wolle: aber warum denn auch? Beide Seiten haben sich ja nichts zu sagen, als das was sie schon wissen. Wenn wenigstens die CDU am Ruder wäre, klagte eine Studentin, >so aber wissen die von der SPD/PDS, daß wir ja sowieso keine andere Wahl haben, als sie wiederzuwählen<. Halt doch ein Vorschlag: die "zuständigen Fakultäten" sollten ein ZK für weitere Aktionen bilden. (Zentralkomitee: selbst vor der Wahl kommunistischer Bezeichnungen schreckt man nicht zurück!) Die anderen Fakultäten könnten dann zum Alltag übergehen. Gebührenfreies Überziehen der Regelstudienzeit um 50 % wurde für normal erklärt, da man sonst sich ja nicht einmal ein Schnupperjahr im Ausland gönnen könne. Auf meinen Beitrag hin meldete sich niemand. Dafür wurde einem Christian "die längste Redezeit, die Blue Moon je vergab, insgesamt gewährt" zu mehrfachen ideologischen Streikagitationen. Unwidersprochen blieb sogar Christians Feststellung, daß wir eines der reichsten Länder der Welt seien; daß genügend Geld da sei, auch für Bildung und Soziales. (Dies bei über einer Billion Schulden!) Der Wert der Streitaktionen liege in der "politischen Bewußtseinsbildung" auch der unpolitischen Fakultäten: im Erleben der Macht der Solidarität (d. h. der Straße). Die Pessimisten werden wohl recht behalten: wie müssen noch viel tiefer absacken, ganz unten sein. Und was kommt dann? Das Volk verabschiedet sich aus der Demokratie, der Pöbel bleibt! (mit akademischen Titeln und vorderhand). Die medienwirksamste Aktion? Studenten — meist in Taucheranzügen (eine halbe Semestergebühr wert?), sonst wäre wohl die AUSLESE und Kostenreduktion über Lungenentzündung vollzogen — stürzten sich in die Spree: unsere Bildung geht baden! Großer Stolz von Seiten einer Jugend, die solchen Reichtum an Ideen hat! Kein Mensch erwägt die Auswirkung weiterer Verschuldung auf die "Generationengerechtigkeit", deren Weiterreichung auf diejenigen, die jetzt für höhere Ausgaben demonstrieren: ein Eigentor aus Kurzzeitdenken, welches einer Jugend mit akademischem Anspruch schlecht ansteht.

Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerhöchste Kraft,
Laß nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem Lügengeist bestärken,
So hab' ich dich schon unbedingt —

Johann Wolfgang v. Goethe Faust.

SPIEGEL-Online - Forum Uni + Bildung (aus urheberrectlichen Gründen vorsorglich in die indirekte Rede gesetzt)

Bildungsausgaben — werden die Unis zu Tode gespart?

Eigentlich seien sich alle einig, dass Bildungsausgaben zu den sinnvollsten und wichtigsten Investitionen in die Zukunft gehörten. Dennoch stünden die Universitäten derzeit vor erheblichen Kürzungen, Sparmaßnahmen und Einschränkungen. Auch das leidige Thema Studiengebühren sei wieder aktuell. Gebe es einen Königsweg für die universitäre Ausbildung — mehr Effizienz bei weniger Kosten? Oder dürften Bildung und Ausbildung kein Feld für Sparrekorde sein? Gebe es außer Studiengebühren bessere Möglichkeiten, die Hochschulen mit mehr Mitteln auszustatten?


http://forum.spiegel.de/cgi-bin/WebX?13@@.ee74fe1

Dabei würden erhobene Studiengelder lediglich einen winzigen Bruchteil des Universitätsaufwandes in die Staatskasse fließen lassen, zumal ja selbstverständlich fähige Bedürftige von diesen Gebühren befreit würden, wie es eh und je gewesen ist. Die indirekten psychologischen Auswirkungen auf die Studierenden wären aber erheblich und setzten endlich wieder eine Tendenz, sein Studium zügig und erfolgreich zu beenden. Im Jugendradio Fritz hielt sich denn auch so ein "Student" an der Forderung fest: Studiengebühren ja, wenn garantiert würden, daß sie auch für die Uni verwendet würden und nicht für das Stopfen anderer Haushaltslöcher. Ein anderer könnte sagen: "Kindergeld ja, wenn garantiert würde, daß es wirklich für die Kinder verwendet wird" (Wäre bloß noch der Aufdruck von Kinderköpfen auf den Geldscheinen zu empfehlen!) . Dem Irrsinn sind keine Grenzen gesetzt, es herrscht ja Studierfreiheit!

Mit seltsamen Gebärden
Gibt man sich viele Pein,
Kein Mensch will etwas werden,
Ein jeder will schon was sein.

Johann Wolfgang v. Goethe

Über eine biotele Begutachtungseinrichtung, die auch ohne besondere Investitionen — außer einer solchen an Zeit, die ja offenbar reichlich zur Verfügung steht — getätigt werden kann, wären zunächst einmal in Zusammenarbeit mit Industrie, Wirtschaft und Berufsverbänden ein Rahmenplan herauszuarbeiten, wo und wie die Bedürfnisse der nächsten drei Jahrzehnte liegen und mit welchem Wissen und Personalaufwand sie zu befriedigen wären. Dabei müssen auch die Bedürfnisse der Allgemeinheit, aufsteigend vom eigenen Volk bis zur Menschheit eingeschlossen sein. Hiernach wären Stoffpläne für Familien, Erziehungseinrichtungen einschließlich der Medien zu erarbeiten und entsprechende Schul- und Studienprogramme. Der größte Dienst an der Bildung insgesamt wäre das Herausstellen der überlebenswichtigen Aufgaben und die Förderung der Fähigkeit und Fertigkeit zum wirklichkeitsnahen VERGLEICHEN; hierzu gehört auch die Anerkennung des Erfordernisses, daß die Darstellung von Tatbeständen auch in verschiedener Beleuchtung und Deutung besonders hinsichtlich einer Verhaltensauswirkung jedermann zugänglich sein müssen, wenn wir uns wirklich zu einer rechtsstaatlichen Demokratie bekennen und diese fördern wollen. Die Reiz- und Informationsüberflutung legt eine unabhängige auf die Sachverhaltsprüfung beschränkte Stoffsiebung nahe, so daß den Plänen der verschiedenen Bildungseinrichtungen die Vermittlung eines der Aufnahmefähigkeit ihrer Adleven oder "Zöglinge" entsprechendes für Lehrer und vor allem Schüler recht zeitbegrenztes Quantum zugrunde zu legen wäre. Die Betonung müßte hierbei auf zeitbegrenzt liegen, da eine völlige Verschulung von Menschen, wie etwa auf generalisierten und internatsähnlichen Ganztagsschulen als Ausnahme für Schüler unter besonders ungünstigen häuslichen Bedingungen und anderen Voraussetzungen beschränkt werden müßte. Unter Einbeziehung der modernen Medien könnten unter Einsatz dieser Methodik die Ausbildung und Bildung durchaus mit einem höher qualifizierteren und zahlenmäßig beschränkteren Erziehungs- und Lehrkörper und in kürzerer Zeit bewältigt werden.

Gewahrt es dies und jenes nah,
Man fabelt ihm, was fern geschah,
Umsittigt ihn, wächst er heran;
Er findet eben alles getan,
Man rühmt ihm dies, man preist ihm das;
Er wäre gerne auch etwas.
Wie soll er wirken, schaffen, lieben,
Das steht ja alles schon geschrieben
Und, was noch schlimmer ist, gedruckt.
Da steht der junge Mensch geduckt,
Und endlich wird ihm offenbar:
Er sei nur, was ein andrer war.

Johann Wolfgang v. Goethe

Für eine Übergangsperiode wären Schulen und vielleicht sogar Hochschulen freilich auf die freiwillige Mithilfe rüstiger erfahrener Rentner angewiesen, um die erheblichen Wissens- und Bildungslücken in den heutigen Lehrkörpern auszugleichen. Vermutlich nur so könnte ein auf die Rettung der Zukunft ausgerichteter "Feldzug der Bildung" in Gang gebracht werden. Während unser Sozialsystem sichtbar gerade auch von Seiten der Zuwanderer und ihrer Nachkommen belastet ist, das Schulsystem natürlich nicht minder, wird von Seiten der Medien, Regierung und Industrie betont, daß wir wegen zukünftigen Arbeitskräftemangels auf weitere ständige Zuwanderung aus dem Ausland angewiesen seien. Würde aber nicht völlig nach sozial nicht mehr tragbaren Berufswünschen ins Blaue hineinstudiert, sondern unsere Jugend bedarfsgerecht ausgebildet, so hätte diese auch eine Zukunftsperspektive. Man wird sich von gewissen Fächern und Lehrkräften zugunsten zukunftsträchtigerer trennen müssen; viele werden auch umlernen können.


Das Grundrecht auf freie Berufswahl hat seine Grenzen dort, wo sich weniger Geeignete um einen Beruf bewerben und dort, wo durch Überfüllung ein sozial unverträglicher Verdrängungswettbewerb und schlechte Existenzbedingungen heraufbeschworen werden. Eine Form der Konkurrenz ist immer unvermeidbar. Entweder sie geschieht von Anbeginn durch Prüfungen unter fairen Bedingungen und Chancengleichheit zugunsten von Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche den Einzelnen reifen läßt und für die Gemeinschaft fruchtbar ist
: unter diesen Umständen haben bisherige Studienbewerber auch als Nicht-Akademiker oder Abgänger mit Zwischendiplomen angemessene Berufschancen, höhere vielleicht als sie vor den hochtrabenden "sozialen" Reformen geboten wurden. Oder aber, und dies ist die derzeitige praktizierte Alternative, die AUSLESE erfolgt über Cliquenbildung unter Gebrauch der Ellenbogen und der Anpassung an Gruppenregeln, den Charakter der meisten verbiegend, und in der Regel zu Lasten der Gesamtgemeinschaft: denn die Masse der Studienabbrecher und auch erfolgreichen Studienabsolventen stehen auf der Straße oder müssen sich "unter Wert" und unter Verlust an Selbstwertgefühl verkaufen; noch schlimmer, daß die Fähigen, die ihre Möglichkeiten und Fertigkeiten entwickelt haben, den Schikanen, ja dem Reglement der weniger Fähigen über politische Manipulationen unterworfen werden.
Man sollte die Forderung der Linken nach Erziehung zu "Sozialkompetenz" vor
Aneignung von Tatsachenwissen auch einmal unter diesem Gesichtspunkt betrachten und untersuchen! Da ein hoher Anteil gerade von Führungsposten in der Parlamentarischen Demokratie nach Parteibuch vergeben werden, und es dabei mehr auf Reden und Auftreten ankommt als Können und Handeln, werden die "sprechenden" Fächer der Geisteswissenschaft, Politik, Soziologie und Rechtwissenschaften über ein gesundes Maß hinaus bevorzugt.

Mephistoteles. Studierzimmer.
Im ganzen — haltet Euch an Worte!
Dann geht Ihr durch die sichre Pforte
Zum Tempel der Gewißheit ein.
Schüler. Doch ein Begriff muß bei dem Worte sein.
Mephistoteles. Schon gut! Nur muß man sich nicht allzu ängstlich quälen:
Denn eben, wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte läßt sich trefflich glauben,
Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.

Johann Wolfgang v. Goethe

Bekannt sind die Probleme, aber sie werden nicht angegangen.

Prof. Dr. Manfred Erhardt, Vortrag im Politischen Club der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag am 28. November 1996
"Schule neu denken - Betrachtungen zum Übergang von der Schule zur Hochschule"
(aus urheberrechtlichen Gründen vorsorglich in die indirekte Rede gesetzt)

Audiatur et altera pars! ......Schon die erschreckend hohe Zahl der Studienfachwechsler und der Studienabbrecher, die weit mehr als ein Drittel aller Studierenden betrage und in manchen Studiengängen bis zu 60 Prozent erreiche, weise auf eine Inkongruenz von (formeller) Studienberechtigung und (materieller) Studienbefähigung hin. Wer sich bei Studienanfängern und Hochschullehrern umhöre, stosse rasch auf den Kern des Problems:

Die in der reformierten Oberstufe des Gymnasiums eröffnete Möglichkeit, Fächer abzuwählen oder zu substituieren, führe tatsächlich zu einer fachlich eingeschränkten Studierfähigkeit. Gleichwohl werde verbissen am Abitur als Zeugnis der allgemeinen, zum Studium aller Fächer berechtigenden Hochschulreife festgehalten.

In den mathematisch-naturwissenschaftlichen und in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen seien oft bis zur Hälfte der Studienanfänger nicht in der Lage, den Anfängervorlesungen zu folgen.

Nahezu sämtliche Technische Universitäten seien inzwischen dazu übergegangen, durch 4-6wöchige Vorkurse in Mathematik die schulischen Defizite auszugleichen....

http://www.csu-landtag.de/htmlexport/index.html?/htmlexport/905.html

Freiheit und Ordnung

Wo die Universität versagt

Von Manfred Erhardt

(aus urheberrechtlichen Gründen vorsorglich in die indirekte Rede gesetzt)

Wer die gegenwärtige Studentengeneration mit früheren vergleiche, komme nicht umhin, sie als besonders interessiert, realitätstüchtig und fleißig einzustufen, obwohl sie oft Grund genug hätte, wegen miserabler Studienbedingungen und düsterer Berufsperspektiven zu verzagen oder zu rebellieren. Sie tue es gottlob nicht oder noch nicht, weil sich die Tüchtigen auch im darwinistischen Überlebenskampf heutiger Massenuniversitäten behaupteten und die weniger Motivierten »Freiheit und Gefälligkeit« als »vorwaltende Prinzipien« schätzen gelernt hätten.

Zum Beispiel das Magisterstudium: In Baden-Württemberg hätten sich 22300 Studierende oder 18% aller Studienanfänger in Magisterfächer eingeschrieben; 70% dieser Studienanfänger schlössen ihr Studium nicht mit einer Magisterprüfung ab. Bezogen auf die Zahl der Studienanfänger im ersten Hochschulsemester betrage die Erfolgsquote 30%, bezogen auf das erste Fachsemester 13%.

Dies sei ein Skandal; und zwar nicht allein wegen der Vergeudung volkswirtschaftlicher Ressourcen, sondern vor allem deshalb, weil sich hinter diesen Zahlen menschliche Einzelschicksale verbergen würden. Da die Mängelhaftung im Bildungswesen nicht gelte, habe der erfolglos Studierende sein Versagen selbst zu vertreten, zu verdrängen und zu sublimieren. Die Fachbereiche und Hochschullehrer täten' s auf ihre Weise, indem sie sich auf Humboldt und die Verfassung beriefen. Nach diesem Verständnis liege >Bildung durch Wissenschaft< primär in der Verantwortung des forschend Studierenden selbst und verschultes Studium wäre das Gegenteil davon....

Dabei gehe es nicht um die Beschränkung von Wahlmöglichkeiten. Was fehle, seien eine klar strukturierte Studienordnung, ein spezifisches, am Magisterabschluß ausgerichtetes Lehrangebot, die Einbeziehung von Elementen des Berufs- und Praxisbezugs sowie die tatsächliche Studierbarkeit innerhalb der Regelstudienzeit. Vielen wäre geholfen, wenn das Studiengangsystem in einen Bachelor- und einen Master-Abschluß gegliedert würden und „die punktuelle Abschlußprüfung durch ein Credit point-System ersetzt werden könnte. Das würde den Abbrechern das Stigma des Versagens nehmen und wenigstens Teilqualifikationen bescheinigen. Zu viele Studienversager stempeln die Universität selbst zum Versager."

http://www.uni-tuebingen.de/uni/qvo/at/attem03/text3/text01.html

Fishing for compliment gegenüber den Studenten, denen ich etwa kaum größere Aufgeschlossenheit bescheinigen kann. Augenblicklich (6. Dezember 2003) streiken die Berliner Studentenschaften nun schon wochenlang; beim Kultursenator Fliers (PDS) werden die Hausbesetzer natürlich als Gäste betrachtet: denn unser Rechtsstaat soll ja endgültig ad absurdum geführt werden. Man studiert ja heute nicht mehr für sich, sondern zur Kaschierung der Arbeitslosigkeit zum Nutzen der Politiker. Es wäre doch so einfach, in unabhängigen Prüfungen bereits im Schulbereich den Weizen von der Spreu zu sieben und wieder entsprechende Ausbildungsstätten unterhalb dem hochtrabenden Universitätstitel für diejenigen schaffen, die in Führungsrängen und in der der Wissenschaft nichts zu suchen hätten oder dort einfach nicht gebraucht werden. Die Überfüllung der Hochschulen und Universitäten hat die äußeren Studienbedingungen und das Lernklima verschlechtert und verglichen mit der früheren Leistungskraft und dem höheren Aufwand und vor allem verglichen mit den heutigen menschlichen Möglichkeiten die Leistungen abgesenkt. Gegen die unpassende Heranziehung Charles Darwin' s und dessen Abstammungs- und Entwicklungslehre durch den Juristen M. Erhardt, möchte ich mich verwehren: denn was hier an den derzeitigen "Gymnasien" und Massen"universitäten" geschieht hat mit Leistungsauslese wenig zu tun, sondern dient sehr viel mehr der Stärkung und Rekrutierung der Cliquenherrschaft. Jede Clique findet hier leicht ihre Anhänger und Nachfolger im Amt, da ja andere Laufbahnen sehr viel beschwerlicher und für viele wegen eigener Unfähigkeit ungangbar sind. Die für das öffentliche Auftreten erwünschten Diplome und akademische Titel sind ja leicht verfügbar. Die bürokratische Knebelung der Wirtschaft und des Lebens bleibt gesichert. Weder staatliche, noch akademische oder Studentengremien sind in der Lage, das Steuer herumzureißen, ohne sich auf ein bioteles unabhängiges Gutachtensystem zu stützen.

Ich setze das biotele Programm für das Ausbildungs- und Bildungswesen (§ 5) aus dem Jahre 1959 dagegen:

Die schönfärberische "Rang-Aufbesserung" der Schulbezeichnungen, nur um den Wünschen und Hoffnungen der Eltern entgegen zu kommen, hat sich eher negativ ausgewirkt und wäre zurückzunehmen.

1) Darnach baut das Schulwesen auf einer 3-4 jährigen Volks- oder Grundschule für 6-10 Jährige auf. Besonders weit Entwickelte können mit 5 Jahren eintreten und nach Nachweis ihrer Fähigkeiten auch die erste Klasse überspringen. (Inzwischen ist die Informationstechnik so allgegenwärtig, daß sowohl ein Vorziehen des Schulalters häufiger sein wird als auch das Klassenüberspringen für Kinder, die bereits Lesen, Schreiben und Grundrechnen mitbringen.) Vorschulbesuch ist ins Ermessen der Eltern gestellt.

2) In der Regel nach der 4. Klasse Volks- oder Grundschule, für besonders Leistungsfähige nach der 3. Klasse,

a) schließen bei Verbleib vier Schuljahre bis zur Abschlußprüfung an, welche als Nachweis der Befähigung zur Aufnahme der meisten Handwerks- und vieler Lehrberufe berufen dient; für besonders Befähigte nach Prüfung auch ein Jahr früher beendet werden kann;
dort wird der Unterricht über Berufsschulen fortgesetzt.

b) nach Ablegung einer Aufnahmeprüfung ist ein Wechsel zur Realschule möglich, die in weiteren 6 Schuljahren zu einem Abschluß führt,
wie er insbesondere in Büroberufen und Berufen mit Publikumsverkehr den gesteigerten Wissensanforderungen und der notwendigen Reife Rechnung trägt. Durch die Abschlußprüfung eröffnen sich insbesondere mittlere Laufbahnen.

c) nach Ablegung einer Aufnahmeprüfung ist auch ein Wechsel in eine Oberrealschule (entsprechend den meisten der heutigen Gymnasien) für acht Regeljahre möglich, welche teilweise berufspezifisch (Technik, Kunst-Musik, Sport etc.) ausgerichtet sind und zumindest zwei lebendige Fremdsprachen (darunter Englisch) und Mathematik, daneben auch Physik-Chemie-Biologie, Deutsch-Geschichte teilweise als Komplexfächer anbieten. (Latein ist Wahlfach.)
Durch die Abschlußprüfung (Hochschulreife) eröffnen sich Laufbahnen über Akademien und Hochschulen der abschlußgemäßen Art.

d) nach Ablegung einer Aufnahmeprüfung mit höheren Anforderungen ist ein Wechsel aus der Grund- oder Volksschule in das (humanistische) Gymnasium möglich, das in der Regel achtjährig mathematisch und altsprachlich ausgerichtet ist mit Latein und Altgriechisch und einer nicht-indogermanischen Sprache (Hebräisch, Japanisch, Chinesisch, jeweils nur eine Möglichkeit pro Schule). Durch die Befassung mit einer nicht-indogermanischen Sprache soll das Kulturverständnis erweitert werden, gerade auch auf eine den Schülern sonst fremde Kultur hin. Das bestandene Abitur berechtigt zum Universitätsbesuch. Die einzuübende Grundstimmung in einem Gymnasium soll auf eine zweckfreie Wissenschaftshaltung hinzielen.

Es ist das Ziel, daß in den Schulklassen möglichst Schüler ähnlicher Leistungsfähigkeit unterrichtet werden. Für geistig Behinderte und grob Verhaltensgestörte sind Sonderklassen und womöglich Sonderschulen einzurichten.
Der Frontalunterricht soll täglich auf fünf bis höchstens sechs Stunden begrenzt bleiben; eine Sportstunde täglich ist anzustreben; in jeder Schule sollte wenigstens ein Arzt in Unterricht (etwa Biologie) und gesundheitlicher Beratung tätig sein. Über die Sportausübung sollen Begegnungen und ein Zusammenspiel auch mit den Sonderschülern angestrebt werden. Nachmittags sollen auch ein- bis dreistündige Kursangebote unter Lehreraufsicht gemacht werden. Durch Abfragen von zuvor empfohlenem Lese- und Schulfernsehstoff in der Schule, sollen Schüler dazu gezwungen werden, sich auch außerhalb der Schule mit dem Bildungs- und Ausbildungsprogramm zu befassen; jedoch muß unter der Lehrerschaft das Gesamt-Hausarbeitsprogramm so abgesprochen werden, daß noch ausreichende Frei- und Erholungszeit verbleibt.
Moderne Sprachen sind möglichst im Direktkontakt und lebensnah zu unterrichten (teilweise über Schüleraustausche). Auf einen entwicklungsgünstigen Gebrauch der Freizeit sollte der Klassenlehrer achten: ein Klassenlehrer sollte innerhalb der gleichen Schule seine Schüler möglichst bis zum Abschluß führen; bei unbehebbaren Unstimmigkeiten zwischen Schüler und Klassenlehrer, soll der Schüler in eine geeignete andere Klasse wechseln dürfen.

In allen Schulzweigen, sollen die Lehrer sich das Wissen, welches in anderen als ihren Hauptfächern gelehrt wird, so weit bewahren oder aneignen, daß sie bei Personalausfällen zur Aushilfe unterrichten können. (Ausnahmen ergäben sich im sprachlichen Bereich und in sehr fortgeschrittenen Themenbereichen.)

3) Die Universität ist ein besonderer Teil innerhalb eines weit umfangreicheren Hochschulkomplexes, wobei die speziellen Hochschulen als solche bezeichnet werden. Für die Hochschulen und die Universität sind spezielle Lehrpläne für eine Studiendauer von zwei bis drei Jahren, die mit einer Bachelorprüfung* abschließen vorgesehen. Fortsetzungslehrpläne führen in weiteren zwei bis drei Jahren zum Magister.

*Die Bezeichnungen wurden dem modernen Sprachgebrauch angepaßt.

Auf der Universität muß sich jeder Studierende solide Grundkenntnisse in den Bereichen Naturwissenschaft-Biologie-Anthropologie-Medizin (allgemein), Recht und Wirtschaft sowie Technik (insbesondere Informationstechnik) aneignen. Ein Universitätsstudent kann nach eigener Wahl Vorlesungen und Übungen aller Hochschulen mitwirkend besuchen; als Tutor steht ihm ein Universitätsprofessor beratend zur Seite. Das Abschlußdiplom einer Universität berechtigt zur vorzugsweisen Anstellung an allen Schulen, Hochschulen und Universitäten und in hohen fachlich ausgerichteten Leitungsstellungen bei Behörden. Außerdem müssen bei Forschungsvorhaben Universitätsabsolventen größere Freiheiten eingeräumt werden.
Das Ziel der Universitätsausbildung ist es, über einen fachübergreifend und ganzheitlich denkenden Personalstock nicht zuletzt auch für die biotele Gutachtertätigkeit zu verfügen.
Mit dieser Trennung zwischen traditionellem Bildungsziel im Humboldt´schen Sinne und moderner spezialisierter Berufsvorbereitung soll das Kulturerbe bewahrt und möglichst nutzbar gehalten werden, ohne es der Neuzeit zum aufgezwungenen Ballast werden zu lassen.

Die Absenkung der Lebensarbeitszeit bringt es mit sich, daß viele früher an einer akademischen Ausbildung Gehinderte dies nachholen können. Es wird erwartet, daß Forschungen und Lehre vor allem in geisteswissenschaftliche Disziplinen zu einem großen Anteil von Ruheständlern, besonders auch von Späteinsteigern, gegen Aufwandsersatz und Prämien für besondere gesellschaftlich geschätzte Leistungen ausgeführt werden. In der Philosophie, Soziologie, Psychologie, Geschichtsforschung und anderen Disziplinen, soweit sie ohne stärkeren Ausrüstungsaufwand betrieben werden können, wird der Einsatz lebens- und berufserfahrener Leute (gerade auch "Früh"-Rentner) sich wahrscheinlich fruchtbar auswirken können.

Allen Ausbildungsanstalten ist gemeinsam, daß die Aufnahme-, Zwischen und Abschlußprüfungen über zentrale und zeitübereinstimmende Themenstellung anhand von objektiv auf Datenträgern erstellten Protokollen des Prüflings von mindestens zwei erfahrenen Prüfern ohne gegenseitige Kenntnis der Personen nach einem einheitlichen Leistungsmaßstab bewertet werden. Die Gesamtnote wird nach dem Ergebnisdurchschnitt berechnet. Eine mündliche Prüfung durch Lehrkräfte einer anderen Anstalt und ohne persönliche Beziehungen zwischen Prüfer und Prüfling hat ergänzenden Charakter.

Alle Prüfungen können gegen entsprechende Gebühr auch ohne Unterrichtsbesuch oder -nachweis abgelegt werden und ihr Bestehen berechtigt gleichermaßen wie eine nach einer Unterrichtsteilnahme abgelegte. Ein Seiteneinstieg in alle Ausbildungen ist Befähigten also möglich. Bei Bedarf und im Rahmen der Gesamtwirtschaftlichkeit können auch weitere unabhängige Zwischenprüfungen vorgenommen werden.

>Ich hielt mich stets von Meistern entfernt;
Nachtreten wäre mir Schmach!
Hab' alles von mir selbst gelernt.<
Es ist auch darnach!

Johann Wolfgang v. Goethe

Man hat es nicht an Einwendungen gegen schriftliche Prüfungen mangeln lassen, hat die Examensängste dagegen ins Feld geführt: als ob die Prüflinge sich nicht auch im praktischen Leben solchen Belastungen gegenüber sehen würden!

Bei der Einrichtung, Ausstattung und der Lehrplangestaltung der berufsvorbereitenden Schulen und Hochschulen wirken die beteiligten Berufszweige mit und beteiligen sich auch finanziell. In Zusammenarbeit mit den zuständigen staatlichen Behörden ist ein Bedarfsplan für die verschiedenen Berufe zu erstellen und jährlich zu überprüfen und bei zu großer Nachfrage durch eine Anhebung der Zeugnisanforderung gegenzusteuern (Numerus clausus).

Das Ausbildungsziel ist ein hoch qualifizierter Berufsnachwuchs, der seinerseits große Sicherheit hinsichtlich späterer angemessen vergüteter Möglichkeiten zur Berufsausübung hat. Ein zweites Steuerungsinstrument ist die Regelung der Dauer der Lebensarbeitszeit für die einzelnen Berufe und insgesamt ein ausgeglichener Arbeitsmarkt.

Die Löhne und Arbeitsvergütungen in jeder Sparte richten sich nach der Höhe des Anreizes, den die Arbeitgeber bieten müssen, um ausreichend Berufsbewerber anzuwerben. (Das Verfahren ist wegen Mißbrauchsverhütungsklauseln etwas komplizierter dazustellen und gehört zum § 8 "Marktwirtschaft" des biotelen Gesetzesentwurfes.) Diese Arbeitsvergütungen müssen auch ohne wesentliche Beeinträchtigung des Lebensstandards die Ausbildungsdarlehen decken, auf deren Gewährung Minderbemittelte sich während der Ausbildung Bewährende Anspruch haben.)

Die hysterisch anmutende Rücksichtnahme auf sog. Spätentwickler, auf die gebannt hin die ganze Grundschulklasse ihre Schulzeit verlängern soll, ist dadurch zu ersetzen, daß die Spätentwickler über eine Aufnahmeprüfung selbst dann noch zusteigen können, wenn sie Klassen wiederholt haben sollten. Weit günstiger, als das Anspruchsniveau abzusenken, wäre, daß die Lehrkräfte diese Spätentwickler als solche erkennen und einer "Zwischen- oder Überbrückungsklasse" zuführen, die sie zum Bestehen der Aufnahmeprüfung befähigt. Rufen sie nicht alle nach dem "lebenslangen Lernen"? Das darf aber nicht zur lebenslangen Schülermentalität führen, zur Unreife, sondern rechtfertigt den frühen Berufseintritt bei qualitativ hochstehendem Berufsschulunterricht. Die Reifeprüfung (oder das "Abitur") darf doch nicht von einem Bäckerlehrling eingefordert werden, ja nicht einmal Voraussetzung zum Eintritt in Pädagogium zur Grundschullehrerausbildung sein. Dagegen sollte man von Grund- und Volksschullehrern zumindest den Abschluß einer Lehre oder eine Zeit der Berufsbewährung verlangen.

Fähigkeiten werden vorausgesetzt, sie sollen zu Fertigkeiten werden. Dies ist der Zweck aller Erziehung...

Johann Wolfgang v. Goethe

Einen, nein den wesentlichsten Effekt der Ausbildungszeitverlängerungen und der Hinauszögerung der Berufsabschlüsse sowie der "Gleichstellung" der Frauen (genannt Emanzipation) hat man geflissentlich übersehen: Familiengründungen und vor allem das Kinderkriegen wird hinausgezögert und oft verhindert. Denn wer darf den mit Fug behaupten, daß frühe und wechselhafte auch sexuelle Partnerschaften eine gute Vorbereitung für eine dauerhafte Familienbindung seien? Wenn wir der Jugend wieder früher zur beruflichen Selbstständigkeit verhelfen, dann wird der heute als gesetzmäßig und unabänderlich hingenommene Geburtenschwund der deutschen Bevölkerung erwartungsgemäß gestoppt werden.Das Geschrei der "Fortschrittsbeflissenen", die sich im Anspruchdenken so bequem eingerichtet haben, darf uns bei Eingeständnis unserer eigenen Schwächen und Verfehlungen nicht abhalten, auf die alten Begriffe wie Ehre, Sittlichkeit, Pflicht, Verantwortung und GEGENSEITIGKEIT wieder aufzunehmen.

Wir wissen inzwischen, daß die Brandt' schen Reformen, die "antiautoritäre Erziehung", die antikapitalistischen Kampagnen von der Kaufhausbrandstiftung bis hin zum RAF-Terror durch Ermordung von Staats- und Wirtschaftsfunktionäre "unrichtiger" Parteizugehörigkeit zwischen eine friedliche und produktive Entwicklung traten und die Grundlagen der Demokratie unter der Fiktion des "mündigen Bürgers" gegen jedwede Erfahrung weiterhin in einer Weise gelehrt und eingepaukt werden, die mit einem dauerhaften Bestand des Rechtsstaates unvereinbar sind: ganz so wie die großen klassischen Philosophen, etwa Platon und Aristoteles, die Demokratie als eine Vorstufe zur Diktatur einordneten. Die Hebung der Volksbildung wird groß auf rote Fahnen geschrieben: unter dem Deckmantel der Meinungs- und Medienfreiheit herrscht die schärfste Zensur, Volksverdummung und Urteilsunfähigkeit sind weithin das erschreckende Ergebnis.
In den Vordergrund der Bildungsarbeit aber muß mit allen verfügbaren Mitteln ein dem Nutzen und Verlangen der Empfänger dienliches Tatsachenwissen und die Fähigkeitsentwicklung zum VERGLEICHEN von Fakten und zur Durchschauung von Tatsachenzusammenhängen gestellt werden, insbesondere soweit sie als verhaltenserheblich erkannt werden können; zugleich müssen Anreize für Eigeninitiative gesetzt werden, die sich aber möglichst im Rahmen oder doch in Rücksicht auf die Gemeinschaft entfalten soll. Zufriedenheit und Befriedigung von Wünschen und Zielen dürfen dabei möglichst nicht ausgeschlossen, ja sie sollen befördert werden. Dabei sollen die praktische Umsetzung von Kenntnissen in Werk und Leistung und die hierfür erforderlichen auch manuellen Fähigkeiten eine bedeutende Rolle spielen. Ein funktionierendes faires Marktgeschehen ist für Beurteilung und AUSTAUSCH der Erfolge aller Bemühungen und Aktivitäten unentbehrlich.

Voraussetzung für einen fairen Markt ist die über einen fairen Wettbewerb wachende Rechtstaatlichkeit, welche GEGENSEITIGKEIT der menschlichen Beziehungen nicht nur beim Leistungs- und Waren-AUSTAUSCH verbürgt: eine Wechselseitigkeit, die auch Grundlage des Friedens (der HYPARCHIE) ist. Die Sozialisten haben den Sozialstaat und die Verteilungsgerechtigkeit zu sehr in den Mittelpunkt gerückt, ohne zugleich alle wichtigen (biotelen) Aspekte zu berücksichtigen. Und so stehen denn eben heute (13. Dezember 2003) Scharen von gegen Stellenabbau und Studiengebühren demonstrierenden Studenten unter dem Motto "Recht auf Bildung" in Berlin im Regen auf der Straße, gezwungen von einer die Willigen am Studieren hindernden Funktionärsclique (ASTA etc.), die sich so — getreu ihrer Vorbilder in der rot-grünen Politik — zu Lasten der Allgemeinheit die Nachfolge in die Regierungsämter zu sichern gedenkt.

„Geld und Gewalt, Gewalt und Geld,
Daran kann man ich freuen;
Gerecht- und Ungerechtigkeit,
Das sind nur Lumpereien."

Johann Wolfgang v. Goethe

Mehr und Besseres fällt der Politik nicht mehr ein: und eben daran wird (oder zumindest kann) unsere Demokratie wiederum scheitern. Der Politnachwuchs ist gesichert, da darf ja die Republik zugrunde gehen!

Wenn andre vieles um den einen tun,
So ist' s auch billig, daß der eine wieder
Sich fleißig frage, was den andern nützt.
Wer seinen Geist so viel gebildet hat,
Wer jede Wissenschaft zusammengeizt
Und jede Kenntnis, die uns zu ergreifen
Erlaubt ist, sollte der, sich zu beherrschen,
Nicht doppelt schuldig sein? Und denkt er dran?

Johann Wolfgang v. Goethe

Die Gesundheitsreform

CDU-Flugblatt für die Herzog-Vorschläge

http://www.olav-gutting.de/service/download/flugblatt_15102003.pdf

Inside NDR-Info

CDU-Kommission - 01.10.2003 13:38

Was Herzog vorschlägt

Die CDU-Kommission zur Reform der Sozialsysteme um Alt-Bundespräsident Roman Herzog hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Das Papier sieht Einschnitte in der Rente, mehr Privatvorsorge sowie den Umbau der Kranken- und Pflegeversicherung auf Kapitaldeckung vor.

So will die Herzog-Kommission das Sozialsystem retten:


KRANKENVERSICHERUNG: Die Bürger sollen nicht nur Zahnersatz selbst absichern, sondern auch Kosten für Zahnbehandlung. Die gesetzliche Krankenversicherung wird in ein kapitalgedecktes Prämiensystem überführt, wobei jeder Versicherte unabhängig von seinem Einkommen prinzipiell einen einheitlichen Betrag bezahlt. Die Beiträge sollen so von den Arbeitskosten abgekoppelt werden. Der Arbeitgeberanteil wird bei 6,5 Prozent festgeschrieben. In dem Prämienmodell fallen allerdings je nach Eintrittsalter des Versicherten unterschiedlich hohe Prämien an. Um eine zu starke Belastung Älterer zu vermeiden, wird ein Kapitalstock allein aus Beiträgen der Versicherten aufgebaut. Für niedrige Einkommen ist
ein Sozialausgleich von jährlich 27,3 Milliarden Euro vorgesehen, der aus der Staatskasse finanziert werden soll....

Die 1995 eingeführte Pflegeversicherung empfand ich schon vor ihrer Einführung als ein Unding. Zunächst war klar, daß die versprochene Begrenzung in der Höhe nicht einzuhalten sein würde. Die Herzog-Kommission schlägt bereits heute eine Beitragsverdoppelung auf 3,2 Prozentpunkte vor. Meine Befürchtung war, daß die Angehörigen die pflegebedürftige Oma ins Pflegeheim schicken und sich in ihr Häuschen setzen.
Wie bei den Türken heute, müssen auch wir uns wieder mehr um die Pflege der Familienbande kümmern; übrigens klappt es viel öfters als bekannt in aller Stille. Sicher war es richtig, nicht alles umkrempeln zu wollen, sondern von der umlagefinanzierten Rentenversicherung zunächst einmal als Tatsache auszugehen.

http://www.ndr4.de/ndrinfo_pages_std/0,2758,OID162840_REF50,00.html

Gegenwind aus der CDU

In der CDU bahnt sich Streit über das von der Herzog-Kommission vorgelegte Sozialreformkonzept an. CDU-Arbeitnehmer-Chef Arentz kritisiert vor allem den geplanten Umstieg auf ein Kopfprämien-System im Gesundheitswesen. Die Senioren-Union warnt vor zusätzlichen einseitigen Belastungen der älteren Generation....

CDU-Chefin Angela Merkel hatte sich am Mittwoch in ihrer Rede zum 13. Jahrestag der deutschen Einheit in Berlin hinter die Pläne der Herzog-Kommission gestellt. Der Umbau der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung zu einem kapitalgedeckten System ermögliche eine demographisch verlässliche Vorsorge, sagte sie. Das Rentenniveau werde deutlich sinken müssen, ein Absinken unter Sozialhilfeniveau solle aber durch einen steuerfinanzierten Zuschuss zu einer Mindestrente verhindert werden. Das Renteneintrittsalter müsse um mindestens vier Jahre steigen, und Rente ohne Abschläge könne nur erhalten, wer 45 Jahre lang gearbeitet habe.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,268007,00.html

ZDF/dpa

Horst Seehofer

..."Selten hat mich etwas so schockiert wie diese Vorschläge zur Kranken- und Pflegeversicherung. " Mit diesen Worten kritisierte der stellvertretende CSU-Chef und Gesundheitsexperte Horst Seehofer in der >Berliner Zeitung< die Ideen der Herzog-Kommission zur Renten-, Kranken-
und Pflegeversicherung. Damit verschärfte er den Ton in der Reformdiskussion weiter.

04.10.2003 [Archiv]

Seehofer kritisierte am Samstag in mehreren Interviews die Herzog-Vorschläge, über die der Parteivorstand der CDU am Montag abstimmen soll. Die Union schlage einen neoliberalen Kurs ein und werde Wähler verlieren, wenn sie die Vorschläge umsetze....

Seehofer: Zu hohe Selbstbeteiligung
Seehofer sagte der "Berliner Zeitung" zu den Vorschlägen der Herzog-Kommission: "Die Belastungen für die öffentlichen und privaten Haushalte sind so gewaltig, dass ich mich frage, in welcher Welt wir eigentlich leben." Allein die öffentlichen Kassen würden um rund 70 Milliarden Euro mehr belastet. Die Selbstbeteiligung der Privathaushalte in der gesetzlichen Krankenversicherung würde sich verdoppeln. "Die Hauptbetroffenen sind Geringverdiener und Kranke. Von sozialer Balance kann ich da nicht mehr viel erkennen...

Koch gegen Einheitsbeiträge
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) lehnte in der >Welt am Sonntag< den Herzog-Vorschlag zu Einheitsbeiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Koch sagte, das Gesundheitssystem müsse dem Patienten Wahlmöglichkeiten lassen....

Mit einem Einheitsbetrag für alle werde die Medizin in Deutschland genauso kontingentiert wie derzeit in Großbritannien. Auch der Arbeitnehmer-Flügel der Union hat die Pläne scharf kritisiert. In Parteikreisen hieß es dagegen, im CDU-Vorstand am Montag werde mit einer klaren Mehrheit für das Konzept gerechnet...

http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/artikel/0/0,1367,POL-0-2070848,00.html

Horst Seehofer (CSU) war selbst Bundesgesundheitsminister, ohne mehr als ein wenig Flickwerk an der Reform zu leisten; nun macht er sich Arm in Arm mit der amtierenden Gesundheitsministerin, Ulla Schmidt (SPD), für eine Volksversicherung stark. Dann wären wir ja sicherlich mit einer verstaatlichten Medizin wie in Großbritannien eher besser bedient, so schlecht es dort gerade dem "kleinen Mann" (o welche Sünde gegenüber den Feministinnen, oder müßte es "den FeministInnen" heißen? Schwul ist doch in!) dabei geht. (Ärztemangel, Wartezeiten von Monaten, ja Jahren im Op-Bereich etc.)

Wie wenig doch die Leute von dem verstehen, worüber sie schwatzen. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch, der so gerne von sich reden macht, hat nicht einmal kapiert, daß die Annäherung der gesetzlichen Krankenversicherung an die private ja eben die Tür für Staffelbeiträge unter Selbstbeteiligung und damit maximale Wahlmöglichkeiten eröffnet. Außerdem — ich sage dies auf Gefahr, Roman Herzogs Absichten weit vorherzueilen — könnten alle bisher gesetzlich Versicherten ja nun beliebige Ihnen günstig erscheinende Privatkassen wählen! Denn für was denn dann überhaupt noch gesetzliche Krankenkassen? (Autsch Backe, jetzt habe ich aber etwas gesagt!) Und Seehofer? Zu teuer für die Steuer? Ist das denn nicht ungereimt: wenn die Beitragszahler angeblich mehr berappen müssen, dann müßte doch die Last des Staates dadurch abnehmen, ganz einfach nach Adam Riese. Die Entlastung im Bereich der Verwaltungskosten und durch die angeregte Eigeninitiative Richtung Gesundheit lassen Koch und Seehofer einfach unter den Tisch fallen. Ist es wirklich gerechter, wenn ein Bürger, der seine eigenen Gesundheitsrisiken bisher über eine Privatversicherung abdeckte, künftig für alle zusätzlich bezahlt, die zu einer solchen Absicherung wegen geringerer Einkünfte nicht fähig sind? Die notwendige Solidarität läßt sich aus dem Steueraufkommen aller erhalten; es kann einem gesundheitsbewußten und steuerehrlichen Verhalten nur schaden, wenn der sich vernünftig verhaltende und bewußt orientierende Bürger durch höheres Beitragsaufkommen bestraft wird. Schließlich könnte doch — wenn man es einmal positiver sehen will — aus dem verwalteten Kassenpatient allmählich der mündige Privatpatient werden, der seine eigenen Risiken abwägen und unter vielen Angeboten eine Wahl treffen kann.
Wesentlich ist auch, daß jeder Versicherte genau vor Augen hat, welchen Anteil an den Kassenleistungen er selbst aufbringt und wie viel die Allgemeinheit für ihn leisten muß.

Ich empfinde es nicht einmal als Zufall — auch wenn es vermutlich einer ist —, daß das Herzog-Konzept just in die Kerbe schlägt, die das biotele Gesundheitswesen (§ 9 der biotelen Gesetzgebung) aus 1962 verzeichnet. Meine diesbezügliche Doktorarbeit kam vermutlich aus parteipolitischen Gründen heraus zu Fall, wie die Gesundheitsreform des damaligen Arbeitsministers Theodor Blank, die von Adenauer mit einem Satz abgesetzt wurde, ehe dieser die politische Bühne verließ. Den größten Widerstand hatte die niedergelassene Ärzteschaft geleistet, die auf ihren (beinahe erblichen) Kassenarztsitzen saßen und wegen der Zulassungssperre keine Konkurrenz, wohl aber die lästige Arbeit des Honorarkassierens von ihren Patienten zu fürchten hatten. Heute könnten die Kassenärzte nur noch von den damaligen Vorschlägen träumen: man zwingt sie derzeit, von ihren Patienten sozusagen 10 Euro Praxiseintrittsgeld zu kassieren; ein Aufwand der nicht einmal für die Kassen lohnend sein dürfte.

Und da muß ich doch endlich die wahren und ungeheuren, ja revolutionären Vorteile dieser Neuerung "Kopfgeld" (wie hämisch gescholten wird) hervorheben, obgleich ich Horst Seehofer eines zugestehen muß: unsere sozialistisch indoktrinierte Gesellschaft ist der Vernunft gar nicht mehr zugänglich. 

Gern hören wir allerlei gute Lehr',
Doch Schmähen und Schimpfen noch viel mehr.

Johann Wolfgang v. Goethe

Mit der Erhebung der wirklich in der Krankenversorgung entstandenen Kosten und ihrer Umrechnung auf einen Kopfbetrag ist höchste Kostentransparenz erreicht; aber auch eine gewaltige Verwaltungskostenerparnis: denn die Privatanbieter, die ja in Konkurrenz miteinander liegen, können sich nicht entfernt so einen Wasserkopf an Verwaltung leisten wie die staatlichen Kassenorganisationen. Doch die hohe Kostendifferenz ergibt sich schon aus den vielen Sozialregeln und Ausnahmen, welche die gesetzliche Krankenversicherung unglaublich unrentabel verkomplizieren. Leute mit dem und dem ihnen nachweisbaren Einkommen, müssen nur so und soviel bei Arzneien oder beim Krankenhausaufenthalt zuzahlen, usw. Mit der Herzog-Regelung wäre dieser völlig unnötige Aufwand vom Tisch, ohne daß es den ärmeren Bevölkerungsschichten dabei schlechter gehen müßte. Klar, daß sehr viele Bürger ihren Krankenkassenkostenanteil von, sagen wir einmal derzeit 350 Euro monatlich, nicht aufbringen können. Also wird er aus Steuermitteln übernommen, soweit er den zumutbaren Anteil übersteigt. Und dieser Ausgleich könnte zugleich mit dem Mietgeld oder gegebenenfalls der Sozialunterstützung zusammen berechnet und in einem Aufwasch erledigt werden. Der Arzt kann der Versicherungskarte nicht entnehmen, welcher Anteil der Versicherung steuerfinanziert ist: für ihn ist jede Versicherungskarte gleich viel wert und gleich viel für seine Leistungen abzubuchen: auch in den Krankenhäusern und Arztpraxen und Apotheken usw. ein geringerer Verwaltungsaufwand.

Kommen nach meinem Schema aus 1962 noch die Wahltarife hinzu; so kann der Versicherte in Selbsteinschätzung und Eigenentscheidung einem Kostenbeteiligungstarif wählen. Seinen Eigenanteil muß er hierfür auf ein Versicherungskonto einzahlen und dort innerhalb eines gewissen Zeitraumes durch Nachzahlungen in dieser Höhe erhalten, um seinen Beitrag erheblich absenken zu können. Dies entspräche einer Beitragsrückerstattung wegen Nichtinanspruchnahme bei der Privatversicherung. Alle von einem Versicherten veranlaßten Krankheitskosten — und nur solche — können von seinem Konto, d. h. von seinem Versichertenausweis abgebucht werden, Wer sich jedes Heftplaster aus der Apotheke holt und abbuchen läßt, dessen Konto ist bald leer; die Folge ist, daß er in eine höhere Beitragsklasse eingestuft wird. Nach den inzwischen gemachten Erfahrungen, wird man gewisse zumutbare Leistungen (wie das genannte Heftpflaster) jedoch auch künftig aus dem Leistungskatalog aller ausklammern: es würde die steuerfinanzierte Krankheitskostenerstattung sonst über Gebühr in Anspruch genommen werden und die Staatskasse belasten. Das Argument, daß sich Gutverdienende zu einem erheblichen Teil durch Eigenbeteiligung aus der Solidargemeinschaft ausklinken könnten, zählt wenig. Keiner nehme an, daß solche Versicherte bisher von der Privatversicherung beschenkt worden wären! Wer seine Krankheitskosten von seinem eigenen Konto bezahlt, wird es mit Bedacht tun und stellt ein geringeres Risiko auch für die Allgemeinheit dar. Die meisten Bürger werden das Risiko, einen wochenlangen Krankenhausaufenthaltes vielleicht noch mit Operationen aus eigener Tasche zu bezahlen, nicht leisten können und können sich insoweit auch nicht aus der Solidargemeinschaft zurückziehen. Die eingefahrene Art die Gesetzlichen Krankenkassen auch noch mit der Aufgabe des Sozialausgleiches zu belasten bewirkte doch in Wirklichkeit, daß ihre Mitglieder zum zweiten Mal zugunsten der Allgemeinheit besteuert werden.

Die "Bürgerversicherung" strebt an, deshalb alle Einwohner insgesamt zur Sicherung einer allgemeinen Steuerpflicht in die Gesetzlichen Krankenkassen zu zwingen: anstatt alle Bürger aus dieser zweiten, völlig überflüssigen und in ihrer Handhabung und Auswirkung ungerechten, Besteuerungsbürokratie zu entlassen, will man sie ausweiten! Diese erzwungene doppelte Solidarität, wie sie sich bereits hinter einer angeblichen Krankenversicherung versteckt, ist nicht nur ein Schlag gegen wohlverstandener Freiheit in Selbstverantwortung, sie ist ein Schildbürgerstreich in Richtung Sozialismus. Als entsprechend untauglich hat dieses System sich ja bereits entlarvt. Will man das Übel nun wirklich noch auf die Spitze treiben? Vor dem Gesetz sind dann alle gleich, aber die Bonzen haben es immer verstanden, sich der Bedienung aus dem Einheitstopf zu entziehen; die DDR-Funktionäre hatten sogar ihre Spezialkliniken. Da ist die Abkopplung des Sozialausgleiches von der Krankenversicherung doch der bessere Weg. Wie viele, die sich heute gegen Risiken zusatzversichern, können dies nicht mehr, wenn die Gesetzliche Versicherung sie weit über die gewährten Gegenleistungen hin schröpft. Genügt euch das Unrecht an den gesetzlich Rentenversicherten noch nicht?  Ich persönlich zahlte dort berufslang ein und und könnte mich heute daraus nur knapp erhalten und nicht mehr für andere wirken. Bürgerentmündigung wäre die richtige Bezeichnung für die "Bürgerversicherung". 

Ich nenne noch einen wesentlichen Effekt der "Kopfprämien", den die Sozialisten und sozialistisch Angehauchten mit aller Gewalt vermeiden wollen, was ihnen leider vermutlich wieder gelingen wird:
Es würde immer deutlicher, wie groß der Anteil derer ist, die sich eigentlich nicht mehr selbst versorgen können; denn die Krankheitsversorgung und -vorsorge gehört nun einmal zum Lebensnotwendigen. Es würde also offenkundig, daß die Abhängigkeit von der modernen Medizin und Gesundheitsversorgung immer mehr anwächst und schließlich von der Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr aufgebracht, letztlich verdient, werden kann. Aber nun zur positiven Seite, die so wesentlich für eine verantwortbare Langzeitpolitik ist.

Nur der autarke Bürger, der seinen Lebensunterhalt selbst auf dem Markt fair in GEGENSEITIGKEIT von Leistung und Gegenleistung erarbeiten oder doch wenigstens erbringen kann, ist wirklich ein mündiger (sprich: autonomer) Bürger. Eine wahre und dauerhafte, d. h. eine rechtsstaatliche Demokratie muß sich aber auf eine Mehrheit mündiger Bürger stützen können. Bei der Festlegung der Mindestlöhne wird man also bereits von Seiten der Politik, auch ohne Druck der Gewerkschaften, bestrebt sein müssen, den Arbeitnehmer zur Entrichtung seiner Krankenkassenbeiträge durch entsprechende Arbeitsvergütung zu befähigen. Die Politik wird also den Warnbarometer der Leistungsverschiebung von einer Mehrheit auf eine Minderheit höchst aufmerksam beobachten und beachten müssen. Kommen wir erst so weit, daß die Mehrheit definitiv von der Leistung einer Minderheit lebt, so kann diese Minderheit von der nicht mehr leistungsfähigen Mehrheit auch über den Weg von Parlamentsbeschlüsse unterdrückt werden. Aus der Natur der Menschen heraus ist nicht zu erwarten, daß die weniger Leistungsfähigen nicht ihre Ansprüche noch steigern, wenn dies zu Lasten derjenigen möglich ist, die sich nicht wehren können, weil sie überstimmt sind. Die bedrängte, aktive Minderheit wird sich mit Terrorismus gegen die Mehrheit zur Wehr setzen, und das entstehende Chaos wird dafür sorgen, daß es intelligenten Leuten gelingt einem Diktator an die Macht zu verhelfen. Ich habe nur die Einsicht wiederholt, welche die oben genannten alten Philosophen bereits vor fast zweieinhalb Jahrtausend hatten.

Wie man die Könige verletzt,
Wird der Granit auch abgesetzt,
Und Gneis der Sohn ist nun Papa!
Auch dessen Untergang ist nah:
Denn Plutos Gabel drohet schon
Dem Untergrund Revolution;
Basalt, der schwarze Teufelsmohr,
Aus tiefster Hölle bricht hervor,
Zerspaltet Fels, Gestein und Erden,
Omega muß zum Alpha werden.
Und so wäre die liebe Welt
Geognostisch auf auf den Kopf gestellt.

Johann Wolfgang v. Goethe

Allein, wenn sich der Rauch gelegt,
die Asche von der Straß' gefegt,
siehst du da fröhliche Gesichter?
der Dreck auf' s Oberste gekehrt,
weil man nicht 'mal den Hunden wehrt.
wo früher Bürger, heut' Gelichter.

Die Menge drängt und gafft,
du stellst dich an,
hörst hinten g' rade noch ein Tönchen,
Was haben sie denn nun geschafft?
Mann,
wieder nur ein Revol' tiönchen!

Eine Demokratie, die nicht zu recht als eine schlechte Staatsform hinsichtlich Innovations- und Bestandsfähigkeit gescholten werden will, muß sich zur Wahrheit hin orientieren und reformieren. Es genügt nicht, daß sich alle etwas vorlügen; es ist schädlich, wenn Eltern voller Stolz auf die akademischen Titel ihrer Kinder für deren Unterhalt bis in die Puppen aufkommen und wenn kaum einer mehr begreifen will, daß die Begabungen und Leistungsfähigkeit der Menschen unterschiedlich sind. Jeder sollte einsehen, daß bald alle Hungers sterben werden oder sich doch Not und Elend ausgeliefert sehen, wenn jedermann ohne jegliche Kontrolle in einen riesigen Topf wirtschaftet und sich daraus ernähren will. Zwischen der unvermeidbaren Kontrolle und der erwünschten Freiheit haben wir uns zu bewegen: BIOTELIE bietet hierfür einen wertvollen systemischen Ansatz.

Wenn Demokratie den Titel der besten Staatsform verteidigen will, so muß sie unter Beweis stellen, daß in ihr die meisten Menschen das Höchstmaß an ihnen erreichbarer körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit erlangen können und zu ihrem eigenen und zum Wohle aller entfalten; hierzu zählen Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit, Urteils- und Entscheidungsfreiheit, gegenseitige Achtung und Rücksichtnahme und natürlich auch Gesundheit. Die erforderliche Posten- und Rangvergabe und Einkommen darf in der Regel nicht auf Partei- und Willkürentscheidungen beruhen.Das Mittel der Zufallsentscheidung nach dem Los wird günstigerweise bei bereits vergleichbar gut Ausgebildeten angewandt für Zwecke des unabhängigen VERGLEICHENS wie im biotelen Gutachtenverfahren; gegenüber einer Masse zahlenmäßig zu reichlich ausgebildeter Abiturienten von nicht mehr vergleichbarem Befähigungsstandard ist die Auswahl nach Los fast in jeder Richtung ein Unrecht: ausgenommen ihrer AUSLESE nach Gesinnung und Weltanschauung, die eine noch größere Ungerechtigkeit ist.

Daß du die gute Sache liebst,
Das ist nicht zu vermeiden;
Doch von der schlimmsten ist sie nicht
Bis jetzt zu unterscheiden.

Johann Wolfgang v. Goethe

Die Parteienreform

Und noch ein Wort zur Toleranz, die nicht weiterhin mit Gleichgültigkeit gleichgesetzt werden darf, wenn wir nur einigermaßen in Frieden leben wollen. Gleichgültigkeit herrscht etwa zwischen den Muslimen einerseits und Atheisten oder den diesen verwandten Lauen vor, indem sie einfach von der Weltanschauung der jeweils anderen keine Kenntnis nehmen: man lebt (noch) aneinander vorbei. Durch ein Ethik- oder Weltanschauungsfach in den Schulen scheint ein solcher Mangel behebbar: doch wird auf diese Weise der Glauben (das Dogma) einer jeden Regionsgemeinschaft relativiert. Es ist doch so, daß jedes Religionsbekenntnis der notwendigen Disziplinierung durch Sinnstiftung dient. Jenes von den Atheisten und Lauen propagierte Ethikfach aber verkompliziert die Sinnsuche, und die Gleich-Gültigkeit führt tendenziell zum Aufgeben: oder stützt, wie die Sozialisten und Atheisten hoffen, den Sieg ihrer eigenen Weltanschauung, die alle Züge eines intoleranten Dogmas trägt. Daß die Thesen von der grenzenlosen Freiheit und antiautoritären Erziehung von Seiten der Kommunisten bloß Taktik waren, war für intelligente Menschen eigentlich sofort durchschaubar: setzen doch auch die linken Grünen in ihrer Rot-Grün-Koalition wieder gänzlich auf Parteidisziplin, um ihre Gruppen- und Cliqueninteressen durchzusetzen. Es ist eine beliebte Masche des Sozialismus sich als marxistische Wissenschaft darzustellen, obgleich er eigentlich wie jede dogmatische Religion eher wissenschaftsfeindlich ist; denn Marxisten glauben sich im Besitz der bereits offenbarten Wahrheit ihres Propheten Karl Marx. Dessen offenkundigen Irrtümer hinsichtlich seiner Ökonomielehren und dessen Intoleranz im Programm der Diktatur des Proletariats versucht man durch den Rückgriff auf den "jungen Marx" zu entkommen: als ob in diesem der Irrtum, der alte Marx, nicht bereits angelegt wäre. Das beliebter Weise hervorgezogene Schlagwort heißt: "Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beenden!" In der geforderten Radikalität ist dies jedoch möglich! Verunmöglicht wird dieses Ziel bereits durch die Unterschiedlichkeit der Begabungen, die Freiheit zur vertraglichen Bindung und die schillernde Vielfalt der Machtkonstellationen bis hin zur Neigung der Selbstunterwerfung im Masochismus. Eine Minderung der Ausbeutung kann wohl kaum durch eine Wirtschaftskontrolle, sie muß über die rechtsstaatliche Machtkontrolle erfolgen. Die aber meiden die Sozialisten von Anfang an bis heute wie der Teufel den Weihrauch. Erste Voraussetzung wirklicher Freiheit ist die Wahrheit, und die kommt bei den Linken ganz schlecht weg.

Wieder brachte die parlamentarische Demokratie einen Mann ohne entsprechende Bildungsvoraussetzungen — nicht nach Diplomen, sondern nach Auftreten und Äußerungen beurteilt — ans Ruder: zwar nur als Außenminister, aber immerhin nach Meinungsumfragen als der weitaus beliebteste Politiker der Bundesrepublik. Das Ergebnis der Regierungsbeteiligung der Grünen mit den Ministern Fischer/ Trittein ließe sich so zusammenfassen:

Ein ganzes Land
für ein Dosenpfand.

Wenn ich für die Ächtung des Sozialismus eintrete, so gilt diese Forderung nur für dessen Einfluß im staatlichen Machtbereich und betrifft nicht die sozialistisch-kommunistische Weltanschauung; die Religiösen werden sie als eine Ersatzreligion einstufen. Auch das sozialistisch-kommunistisch-marxistische Bekenntnis muß von einer agnostisch-toleranten Grundhaltung her respektiert werden. Dagegen will um eine agnostische Grundhaltung ständig neu gerungen werden, sie ist keine Massenware.

Wer Wissenschaft und Kunst besitzt,
Hat auch Religion;
Wer jene beide nicht besitzt,
Der habe Religion.

Johann Wolfgang v. Goethe

Auch Baruch Benedikt Spinoza, dessen Ethik der Lebenserhaltung in Verbindung mit einer Neigung zur Systematik mir Ansporn und Hilfe war, äußerte sich ähnlich wie Goethe. Scheuklappenmentalität und Intoleranz sind riesige Gefährdungen fast aller dogmatisch festgelegter Weltanschauungen, die doch zuallererst zum Schutz der eigenen Anhängerschaft und für deren Zusammenhalt und Wohl entworfen scheinen. BIOTELIE verlangt kein Bekenntnis, sie (vielleicht empfinden Feministinnen dies "sie" als Provokation!) fordert aber Gehorsam und Disziplin aller zu Gunsten gegenseitiger Toleranz. Selbst wenn sozialistische und Gottesstaaten geduldet werden, so muß auf eine nationale Abrüstung und die Allgegenwart von Weltpolizeikontingenten mit überlegener Bewaffnung in Zukunft gedrungen werden. Nur so kann das Recht jedermanns, sein Land zu verlassen, um Pressionen dort zu entgehen, durchgesetzt werden. Auf eine solche Freizügigkeit wollte Immanuel Kant das Völkerrecht sogar einmal beschränken. Die näheren Details müßten unter Sanktionswesen (§6 des biotelen Gesetzbuches) nachgelesen werden. In der gegenwärtigen Situation, wo gewisse Staaten das westliche Asylrecht zur Expansion ihrer Nationalkultur mißbrauchen, wäre das Asylrecht am besten durch die ausländischen Botschaften im als Verfolger beschuldigten Land zu gewähren und auszubauen.

Der zu weite Ausgriff geschah im Hinblick auf Forderungen an eine veränderte Parteienkultur. Die beste Abwehr eines Rückfalles ins Totalitäre und gegen Terrorismus, ist eine Demokratiereform, welche über das Kurzzeitdenken in Wahlperioden und über die Cliquenherrschaft hinaus Langzeitperspektiven und möglichst gleiche Entwicklungs- und Entfaltungschancen für Gleichbefähigte eröffnet sowie gegenseitiges Verständnis fördert. Die Muslime müssen eine Demokratie ablehnen, in welcher anstelle der Souveränität Gottes (Allahs) der Mensch tritt und sich zum Maßstab erhebt. Die Sozialisten treten für eine Massendemokratie ein, die sich zuletzt zwangsläufig auf die Diktatur einer Funktionärsclique stützen muß. Die Mündigkeit der Bürger wird immer stärker zur Fiktion, je mehr die öffentliche Meinungsbildung von Cliquen willkürlich kanalisiert und geknebelt wird. Eine Demokratie, in der schauspielerische Fähigkeiten mehr zählen als Wissen, bewegt sich in die Gefahrenzone der Diktatur hinein. Augenblicklich lebt uns Amerika, das uns doch so lange Vorbild war, mit seiner Politik vor, daß auch parlamentarisch-demokratische Macht vor Recht geht. Im Sozialismus kann dies nicht anders sein, denn seine Verfechter unternehmen keinerlei Anstrengungen in Richtung eines rechtsstaatlichen Kontrollsystems, dem sich auch ihre Funktionäre zu unterwerfen hätten. Diese Uneinsichtigkeit in die Notwendigkeit der Machtkontrolle berechtigt zur Annahme, daß die Roten ihre uneingeschränkte frühere Machtstellung wieder herstellen und noch erweitern wollen. BIOTELIE bietet ein direktdemokratisches Modell für eine partielle Durchsetzung von Recht ohne Bindung an Willkürmacht; unvermeidlich Stückwerk bleibend wegen der Begrenztheit der menschlichen Erfahrung und wegen der Gebundenheit an die Zustimmung der Mehrheit der punktuell von Einzelmaßnahmen Betroffenen.

Unter den gegebenen Machtverhältnissen geht es zunächst einmal darum, ob es genügend Kräfte in unserem Staat gibt, die eine unabhängige Begutachtung wichtiger Problemlösungsstrategien unterstützen und durchsetzen. Eine solche biotele (auf klarer ethisch-begründeter Zielsetzung aufbauende) Gutachteneinrichtung könnte Impulse für eine Selbstreformierung der Parteiendemokratie setzen. Gelingt eine derartige geistige Kräftekonzentration frei vom Gruppenegoismus in Richtung Wahrheit nicht, so muß befürchtet werden, daß das Unheil wegen Versagens der Demokratie wiederum über uns hereinbricht. Theoretisch betrachtet sah der Marxismus den Hebel zur Revolution in der Wirtschaft, nämlich in der Aufhebung des Privateigentums; in Wirklichkeit stand dahinter aber der Machthunger, der zur Diktatur des Proletariats führte. Anstelle der versprochenen Auflösung des Staates durch die befreite Gesellschaft trat bekanntlich der totalitäre Staat unter Willkürherrschaft einer Parteifunktionärsclique nach Verstaatlichung der wichtigsten Produktionsmittel und die Mißwirtschaft.
Die Vergewaltigung des Rechtsstaates über Käuflichkeit seiner Abgeordneten und Staatsdiener und die Allmacht der Wirtschaft, und dies macht doch den Kapitalismus aus, bedeuten Wasser auf die Mühlen der Marxisten-Sozialisten: das
"Gespenst des Kommunismus" erhebt sich erneut im Hintergrund; wir haben also Anlaß, auf die Möglichkeit zur Abhilfe über BIOTELIE noch im folgenden Abschnitt einzugehen.

Wer ist der souveräne Mann?
Das ist bald gesagt:
Der, den man nicht hindern kann,
Ob er nach Gutem oder Bösem jagt.

Johann Wolfgang v. Goethe

Ich hatte im Jahr 2000 an 200 Lehrkräfte von sieben deutschen Universitäten ergebnislos geschrieben . Aus dem Anhang:

Nur ein Märchen

Die Schwersterinseln Nudo und Odun wurden durch ein Erdbeben getrennt; der uralte Häuptling von Odun Scio konnte sich noch an dieses Ereignis erinnern. Und auch daran erinnerte er sich, daß die Nudaner sich für selbstständig erklärten und Menschenrechtserklärungen verkünden ließen. Darnach waren alle Nudaner gleich und genossen alle Freiheiten, auch die, die Zahl ihrer Kinder frei zu bestimmen, was zum Elternrecht gezählt wurde.
In Odun dagegen galten die alten strengen Sitten und das alte Gesetz; man hatte es auf zwölf Gedenkmünzen fürs Überleben ausgeprägt. Scio, der Häuptling entschied nach diesem Gesetz, und die Leute verehrten ihn sehr. Denn was er entschied, das war vernünftig, und was er nicht entschied, das wurde im Palaver, der Volksversammlung, verhandelt, und da einigte man sich meist erst schwer und spät, oft zu spät, so daß man zuletzt wieder zu Scio seine Zuflucht nahm.

Während in Odun die Bevölkerung sich seit Jahrhunderten in gleicher Höhe hielt und eine vielseitige Kultur von den beiden Rassen der Küsten- und Bergbewohner in gegenseitigem Respekt und Austausch erhalten wurde, so daß auch die Natur und die Felder in prächtiger Vielfalt standen, hatten die Nudoner sich vervielfacht und ihre Insel zur Wüste heruntergewirtschaftet, so daß sich Odun gegen Eroberungs- und Einwanderungsversuche mit starken Befestigungen zur Wehr setzen mußte.

Aber was Scio, der selbst doch fast erblindet war, von seinen Spähern mit Fernrohren eben berichtet wurde, das ließ allen das Blut vor Entsetzen und Mitleid gerinnen. Heute Nachmittag war endlich das große Schiff in den Hafen von Nudo nach langem Fischfang — um die Küste war alles leergefischt — eingelaufen und war von einer hungernden Menschenmenge im Hafen erwartet worden. Weiße Segel hatte es gesetzt zum Zeichen reicher Beute, denn anders hätten sich die Leute nicht von Bord getraut. An Deck waren die Politiker des Landes versammelt, um sich gleich auf hoher See die knurrenden Mägen zu füllen, vorgeblich natürlich weil es sich um eine Staatsaktion von größter Wichtigkeit handelte. Bei nüchternem Nachdenken, hätte jedermann daraus schließen können, daß keine Ladung zu erwarten war bei so geringem Tiefgang des Schiffes. Aber der Hunger der wartenden Menge verleitete sie zu Illusionen. Es hätte auch auffallen müssen, daß das Schiff so auffällig bald zur Steuerbord- bald auf die Backbordseite torkelte und dazu noch im Zick-Zack fuhr. Längst hatten sich nämlich die Politiker von Nudo die zwölf heiligen Münzen aus Odun besorgt, sie waren dort ja auch überall zu haben, und hatte sie untereinander auf Parteien verteilt. (Es hatten sich ja auch keine Leute mehr gefunden, die 12 Zahlen beherrschten; man war ja schon heil froh, wenn einer auf drei zählen konnte.) Um die jeweiligen Engpässe zu beheben, schienen immer nur einige der odunschen Grundsätze brauchbar. Jedesmal nun, wenn die Politiker sich auf ein Prinzip und eine Richtung geeinigt hatten, stürzten sie sich auf dieselbe Bordseite. Dort aber stellten sie fest, daß sie mit ihren Entschlüssen übertrieben hatten und krochen, um nicht umzuschlagen, zur Gegenseite hinauf.

Am Abend aber loderten drüben am Strand die Feuer und die Menge tanzte. Als die hungernden Leute nämlich erkennen mußten, daß die Rückseite der Segel schwarz war, und die spärliche Beute bereits von der Besatzung verzehrt, da schlachtete sie die Politiker, die die volkseigenen Fische doch im Magen hatten.

Der alte Scio aber verwies auf sein berühmtes Armband mit den 12 Münzen, auf denen die 12 Aspekte für das Überleben ausgeprägt waren. Vor jeder Entscheidung pflegte er Münze für Münze zu Rate zu ziehen, um ja nicht eine zu vergessen, auch wenn für jede Entscheidung nur wenige Münzen oder Aspekte etwas beitrugen. Aber uns Menschen geht es nicht viel besser als den Vögeln, meinte er: >auf sieben können wir ja gerade noch zählen; aber zwölf Aspekt lassen sich schlecht zugleich im Gedächtnis behalten.<
Wenn aber jemand seine Weisheit lobt, so winkt der Greis ab. Es wird eine Zeit kommen, da wird man auf der ganzen Erde, auch in den größten Ländern, diese zwölf Münzen zur Erhaltung des Lebens heranziehen. Wir werden dann viele Nationen, Stämme und Gesellschaften, aber einen Staat haben. Es wird sich herausstellen, daß eigentlich alle einigermaßen klugen Menschen anhand dieser Leitmarken oft zu den gleichen Urteilen und Entschlüssen kommen. Und obwohl man keine Häuptlinge, Führer, Könige und Kaiser mehr über sich bestimmen lassen will, so wird man dennoch unser altes Gesetz hochhalten; ja gerade deshalb. Denn weil nach Vernunft nur ein kleiner Teil der Entscheidungen jeweils gefällt werden können, bleibt noch reichlich Spielraum für das Debattieren und Verhandeln und Aushandeln, das erleben wir ja als Freiheit.
Für das Gesetz aus Odun aber wird man neue Wege der Kontrolle finden, damit es beachtet wird. Auf den großen Führer will man es nicht mehr ankommen lassen, da Willkürmacht und Befehlsgewalt zu Mißbrauch verleiten. Weise, wie Scio, sind Ausnahmen, insbesondere in Entscheidungszentralen. Deshalb hält man sich lieber an das biotele Gesetz und beachtet es: um des eigenen Nutzens und den aller wegen. Denn wenn wir Menschen uns wieder den Naturgesetzen beugen, wird die Natur uns durch ihren Reichtum belohnen.

Hera. Aber dies sag' ich dir doch, und nimm solches zu Herzen:
Willkür bleibt ewig verhaßt den Göttern und Menschen,
Wenn sie in Taten sich zeigt, auch nur in Worten sich kundgibt.
Denn so hoch wir auch stehn, so ist der ewigen Götter
Ewigste Themis allein, und diese muß dauren und walten,
Wenn dein Reich dereinst, so spät es auch sei, der Titanen
Übermächtige Kraft, der lange gebändigten, weichet.

Johann Wolfgang v. Goethe