Demokratiereform 1

Demokratiereform1

Das Weltregiment — über Nacht
Seine Formen hab' ich durchdacht.
Den hehren Despoten lieb' ich im Krieg,
Verständigen Monarchen gleich hinter dem Sieg;
Dann wünscht' ich jedoch, daß alle die Trauten
Sich nicht gleich neben und mit ihm erbauten.
Und wie ich das hoffe, so kommt mir die Menge,
Nimmt hüben und drüben mich derb ins Gedränge;
Von da verlier' ich alle Spur.—
Was will mir Gott für Lehre daraus gönnen?
Daß wir uns eben alle nur
auf kurze Zeit regieren können.

Johann Wolfgang v. Goethe

Zur DEMOKRATIE-REFORM

STIMME DER WISSENSCHAFT will die Einheit der Wissenschaft über die Verständigung auf das Ziel der dynamischen Stabilität in allen Lebensbereichen herbeiführen und dadurch die AUTORITÄT der Wissenschaft stärken und einer Langzeitpolitik durch ständige Erinnerung an die Sachverhalte und -zusammenhänge unter Bemühung um Wahrheit zuarbeiten. Wahrheit fällt dabei in den Bereich des biotelen Aspektes des VERGLEICHENS, der geradezu auf ehrlichen und tatsachengemäßen Umgang mit Informationen aufbaut.

>Sagt! wie könnten wir das Wahre
Denn es ist uns ungelegen —
Niederlegen auf die Bahre,
Daß es nie sich möchte regen?<

Diese Mühe wird nicht groß sein
Kultivierten deutschen Orten;
Wollt ihr es auf ewig los sein,
So erstickt es nur mit Worten.

Johann Wolfgang v. Goethe

Bereits John Stuart Mill (1806-1873) hatte im englischen Parteienleben die Verteilung der biotelen Aspekte (die er damals nicht als solche benannte) auf zwei Parteien als gesundes antagonistisches und periodisches Wechselspiel beschrieben und begrüßt. Der Liberalen Partei, welche vor allem auf Freiheit (AUTONOMIE) innerhalb einer Rechtsordnung (GEGENSEITIGKEIT), Eigeninitiative (AKTIVITÄT, AUTARKIE) und Wettbewerb (AUSLESE) setzt, fällt sozusagen auch der Aufbau der Staatsfinanzen zu. Die angebliche Ellenbogenmentalität der Liberalen und das Zurückbleiben breiter Volksschichten bei der Wohlstandsteilhabe führt zum Sieg der Sozialen Partei, welche großzügig auf AUSGLEICH möglichst aller auch angeborenen und konstitutioneller und sogar selbst verschuldeter Benachteiligungen setzt sowie auf Verteilungsgerechtigkeit unter der Parole der Solidarität (SUBSIDIARITÄT) unter Inkaufnahme, ja bewußter Schwächung des Wettbewerbs (AUSLESE). Der dadurch bewirkte Niedergang der Wirtschaft und die Staatsverschuldung führen zu Verschlechterung der Lebensbedingungen vor allem auch der Massen, so daß die Liberale Partei wiedergewählt wird.

Dieses Wechselspiel der Regierungsgrundsätze und den damit verbundenen Schlingerkurs können sich die Demokratien auf Dauer dann doch nicht leisten; in den freiheitlichen Demokratien setzte sich der Pragmatismus und die Einsicht durch, ein stetigeres Gleichgewicht zwischen den politischen Leitprinzipien zu suchen. Regierungs- und Oppositionsparteien unterscheiden sich dann stärker im Personalbestand: sie werden abwechselnd gewählt, soweit man einer Abnutzung durch Selbstzufriedenheit und Korruption mit den Zeitläuften entgegenzutreten hofft.

Nur verführte der langanhaltende Wohlstand in der Bundesrepublik Deutschland die Parteien im Wettbewerb um Wählerstimmen zu Ausweitung von Versprechungen auf soziale Umverteilung bis hin zur Lähmung der Wirtschaft. Die bundesdeutsche Lage war beim Regierungswechsel 1998 dadurch gekennzeichnet, daß im Gefolge der fehlgemanagten Wiedervereinigung die Staatskassen leer waren. Deutschland hätte mit dem fiktiven Internationalen Sozialismus, wie 1945 mit dem Nationalsozialismus, brechen müssen. Eine Fortsetzung der christlich-liberalen Vorgängerpolitik — ja sogar ein Zurückschrauben von deren zu hohen Wohlstandszugeständnissen an die breite Masse durch die rot-grüne Regierung stößt aber auf den Widerstand der Gewerkschaftsmacht, deren Existenz mit dem Streik- und Tarifkampfsystem als Klassenkampfersatz auf dem Spiel steht. Auch wollen die sozialistischen Versprechungen der regierungstragenden Parteien (SPD/Bündnis-Grüne) ebenfalls weiter bedient werden. Das Gleichgewicht der Gruppenegoismen kann es nicht mehr richten.

In keiner Gilde kann man sein,
Man wisse denn zu schultern fein;
Das, was sie lieben, was sie hassen;
Das muß man eben geschehen lassen;
Das, was sie wissen, läßt man gelten,
Was sie nicht wissen, muß man schelten,
Althergebrachtes weiterführen,
Das Neue klüglich retardieren:
Dann werden sie dir zugestehn,
Auch nebenher deinen Weg zu gehn.

Doch würden sie, könnt' es gelingen,
Zum Widerruf dich pfäffisch zwingen.

Johann Wolfgang v. Goethe

Aus einer derartigen Sackgasse kann eine langzeitpolitische Instanz auf der Grundlage der STIMME DER WISSENSCHAFT heraushelfen. Sicher kleben die Partei- und Verbandsbürokraten an ihren Sesseln und sind Einigungen mit Zweidrittelmehrheit ihrer Stimmen, wie sie zu einer Grundgesetzänderung und damit für allgemein und über Wahlperioden hinaus verbindliche Gesetzesauflagen erforderlich sind, recht unwahrscheinlich, wenn damit eine Kompetenz- und Machteinschränkung für sie verbunden ist. Die Selbstblockade der Parteiendemokratie könnte aber über die ständige publizistische Wirkung von STIMME DER WISSENSCHAFT allmählich aufgelockert werden. Wenn die Bürger nicht mehr in selbstgefälligem Wohlstand leben, wie es ja für die nächste Zukunft deutlich absehbar ist, so werden sie sich nicht bieten lassen, daß die Politiker offensichtlich heilsame von Seiten der Wissenschaft geprüfte und als nützlich bestätigte Rezepte ständig in den Wind schlagen.

BIOTELIE erlaubt über die Berücksichtigung aller naturrechtlich als wesentlich erkannter Aspekte zugleich, wie sie bisher von den Parteien unter dem Einfluß von Gruppeninteressen nur teilweise und bruchstückhaft vertreten wurden, eine Langzeitpolitik durch Problemlösungen dort, wo die Sachzusammenhänge von der Wissenschaft mit einiger Wahrscheinlichkeit überschaut werden können. BIOTELIE sagt jeglicher Cliquen- oder Klüngelwirtschaft und einseitiger Ausbeutung den Kampf an, ohne sie natürlich je beseitigen zu können. (Bei den Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Cliquen und Eliten ist BIOTELIE jedoch hilfreich.)

Es soll in diesem Zusammenhang auf eine weitere Schwachstelle unserer Parlamentarischen Demokratie hingewiesen werden; es ist diese die Ableitung der Volkssouveränität aus einem fiktiven Gesellschaftsvertrag, was zu zunehmender Zerrissenheit unserer Gesellschaft führen muß. Es muß daran erinnert werden, daß etwa Muslime allein Allah als Souverän anerkennen. Die Art der Handhabung der Volkssouveränität durch die Parlamente und Regierungen spricht ebenfalls eher gegen dieselbe und wird auch von gewissen Kreisen bewußt zur Demontage des Staatsdenkens mißbraucht.

Die Ausrichtung der Parteienpolitik an den periodischen Wahlen hat die Stimmungslage und Wünsche in der Bevölkerung zum alleinigen Maßstab werden lassen. Die Minderheit der Verständigen, die dazu in der Lage sind, auch komplexere Zusammenhänge in der Politik zu erfassen und verantwortliche gemeinwohlverträgliche Handlungsvorschläge dazu unterbreiten, wird in der Regel nicht beachtet. Aus dem Ringen zwischen Gruppen- und Verbandsinteressen ergibt sich aber noch lange nicht Gemeinwohlverträglichkeit. Mit BIOTELIE wird die Souveränität der Pflicht derjenigen der Volkssouveränität zur Seite gestellt; die Pflicht gegenüber der Allgemeinheit (gestuft von Familie über Land, Nation bis hin zur Menschheit) rangiert dabei deutlich über einer nur aus pauschalen Wählervollmachten abgeleiteten fingiert-prätentiösen "Volkssouveränität". Letztere wird im System der BIOTELIE jedoch durch direkte Befragung der mutmaßlich Betroffenen zu allen biotelen als verbindlich eingeforderten Einzelentscheidungen punktuell direktdemokratisch legitimierend zur Geltung gebracht. Die am biotelen Gutachtenprozeß irgendwie Teilhabenden werden ebenfalls als Volksbestandteil bewertet und ihnen damit (nur im übertragenen Sinne) ein Mitspracherecht, nämlich in Form eines Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechts, eingeräumt.

Die Souveränität der Pflicht ist lediglich eine weltanschaulich neutrale und agnostische* (d. h. am Ungenügen unserer Fähigkeit zu verbindlicher Sinnauslegung orientierter) Alternative zum alten Gottesstaatsgedanken. Vermutlich nur in dieser agnostisch offenen Form ist der Minimalkonsens zwischen den Weltanschauungen und Staaten zu erreichen; die Menschenrechtserklärungen und die Gesundheitsdefinition der WHO kamen nur unter inneren Vorbehalten zustande, weil sie überzogen und im Wortsinne undurchführbar und deklaratorisch sind, und ihre Einhaltung deshalb gar nicht kontrolliert werden kann.

*Die sokratische Weisheit des "Ich weiß, daß ich nichts weiß", ist bekanntlich keine Ausrede gegenüber der Suche nach Wahrheit, sondern das Eingeständnis eines nur eingeschränkten Wissens insbesondere über letzte Dinge und Wahrheiten. Immanuel Kant hat in seinen Kritiken unsere Abhängigkeit von der Erfahrung und die Bindung unseres Wissens an diese scharfsinnig herausgearbeitet. Die Annahme aber, daß unsere Erfahrung von den Dingen noch unvollkommen ist und die Vermutung, daß sie immer begrenzt bleiben wird, ist nur allzu wahrscheinlich zutreffend. Der Agnostiker ist kein Atheist, weil er unter Fortsetzung seiner Bemühungen um Einsicht eingesehen hat, daß die Existenz Gottes weder zu beweisen noch zu widerlegen ist.

BIOTELIE erscheint mir — wie bereits erwähnt — die erste nicht-totalitäre und deshalb auch nicht-illusionäre Utopie zu sein. Das Endziel wäre die Möglichkeit, daß jeder Bürger wie heute beim Patentamt auch für politisch-soziale Verbesserungsvorschläge ein kostenpflichtiges aber bei Erfolg aber auch prämiendotiertes Recht auf eine unabhängige Begutachtung hätte: Jeder fähige Bürger ein potentieller Gesetzgeber. (Ein um die Dimension der Urteilskraft erweiterter kategorischer Imperativ, wie auch von Kant selbst als Fortführung seiner Arbeit für die staatliche Gesetzgebung indirekt angemahnt.++++)

Die zweite direktdemokratische Komponente wäre die Schaffung einer elektronischen Abstimmungseinrichtung, die allen von einem biotelen Gesetzesvorschlag Betroffenen die Möglichkeit des Vetos einräumt. Damit würde BIOTELIE partiell den fiktiven Gesellschaftsvertrag realisieren. STIMME DER WISSENSCHAFT wäre eine Vorstufe einer Gemeinwohlprüfung auf naturrechtlicher Grundlage mit wissenschaftlicher Autorität und Publizität für eine Langzeitpolitik.
Dem Begriff des Naturrechts entsprechend ist und bleibt der Begriff des Gemeinwohles zwar vieldeutig, in der biotelen Auslegung aber ausgeglichen und anwendbar.

++++) >Es ist ein alter Wunsch, der, wer weiß wie spät, vielleicht einmal in Erfüllung gehen wird: daß man doch einmal, statt der endlosen Mannigfaltigkeit bürgerlicher Gesetze, ihre Prinzipien aufsuchen möge; denn darin kann allein das Geheimnis bestehen, die Gesetzgebung, wie man sagt, zu simplifizieren. Aber die Gesetze sind hier auch nur Einschränkungen unserer Freiheit auf Bedingungen, unter denen sie durchgängig mit sich selbst zusammenstimmt...<24

Allerdings setzt die Anwendung dieser Rechtsprinzipien ihre Stimmigkeit untereinander und eine entsprechende Kenntnis der Sachzusammenhänge voraus; es wird deshalb neben dem biotelen immer gewillkürtes Recht geben müssen.

Während in Naturwissenschaft und Wirtschaft die Quantifizierung den (auch von Qualitätssteigerung begleiteten) Erfolg brachte, wird BIOTELIE durch den Versuch einer partiellen Rückübersetzung und Rückführung des Quantitativen in Qualität dort gekennzeichnet, wo letztere sonst zunehmend auf der Strecke bleibt.

Zusatz aus Aspekte 1 (am Ende)

Die Fruchtbarkeit des MARKTES ergibt sich aus der Gesamtheit der von ihm berücksichtigten und ins Spiel gebrachten bioteler Aspekte, also AUSTAUSCH, VERGLEICHEN, GEGENSEITIGKEIT, PLURALITÄT, AUSLESE, SPONTANEITÄT, AKTIVITÄT und zumindest im Gefolge, weil auch Voraussetzung AUTARKIE, AUTONOMIE, HYPARCHIE, schließlich auch SUBSIDIARITÄT UND AUSGLEICH. Der Sozialismus konzentriert sich schwerpunktmäßig auf die beiden letzteren Aspekte und täuscht in der Spekulation auf das hohe Sicherheitsbedürfnis der Menschen auch Dienst an der HYPARCHIE (am Frieden) vor. Ausgleich wird dabei als Mittel verstanden, auch naturgegebene und selbst verschuldete Schwächen und Benachteiligungen auszugleichen, weshalb der Aspekt der AUSLESE angefeindet und seine unvermeidbare Auswirkungen geleugnet werden. Hierbei sind — häufig auch unbewußt und verdrängt — eigenes Herrschaftsstreben und starker Wunsch, zur herrschenden Clique zu gehören, sowie Neid und Mißgunst gegenüber Fähigeren entscheidender Antrieb. Eine Faszination auf die Massen geht auch von der lotterieartigen Chance zum Aufstieg durch Zufall und Glück aus, häufig zugleich mit der Vorstellung von "wahrer Demokratie" verbunden als angeblicher Garant gleicher Chancen für jedermann .

Sieht man aber auf die Auswirkungen, so gilt die PLURALITÄT des Marktes fast ausschließlich dem Leistungs- und Warenangebot. Der Markt hebt den Wohlstand (auch der Massen), wirkt sich aber negativ auf die Vielfalt der Natur und Kultur und auch auf andere biotele Aspekte aus und damit auf das Gesamtziel der dynamischen Stabilität. Von hier aus sind Korrekturen erforderlich, die der Markt nicht leisten kann, der Sozialismus aber erst recht nicht. Letzterer wird aber durch die augenblicklich allein herrschende Parteiendemokratie begünstigt, welche in Abhängigkeit von Wählerstimmen nur auf "Willen" und Stimmung der Massen abstellt.

Nach Joseph A. Schumpeter ist der Sozialismus unausweichlich, da der Kapitalismus zu erfolgreich sei, und seinen Feinden zu großen Spielraum gewähre.25

Die Aktivität des Neo-Marxismus ist angesichts des Versagens des Sozialismus geradezu ungeheuerlich und läuft über die vor allem Schiene der Medien, wobei selbst unsere Sprache und damit unser Denken systematisch verändert werden (so abstrus die Linken sich auch gebärden: leider erfolgreich! Denn die Menschen sonnen sich gerne im Wunschdenken).

Mit der Dynamik der Wirtschaft befaßt sich vor allem Schumpeter, insbesondere mit dem, was sie aus dem Gleichgewicht bringt; und darin sieht er das Kennzeichen der kapitalistischen Wirtschaft. Privatwirtschaft wird erst durch den Gebrauch des Geldes in Form des Kredites zur kapitalistischen. (Die massive Internetfront gegen Zins und Kredit ist, weil wahrscheinlich unproduktiv, fehl am Platz, aber leider populär.) Die Form des Unternehmertums ist nach Schumpeter auch bei Primitiven und in der sozialistischen Gesellschaft vorhanden.26

Kapitalismus wird von Schumpeter nicht mit Markt gleichgesetzt und Sozialismus nicht mit administrativem Zentralismus der Entscheidung. 

* Das Argument, daß der "real-existierende Sozialismus" bisher überall versagte, ändert nichts an den explosiven Zerstörungen durch Bevölkerungsanstieg und Technikseinsatz mit Hilfe des Kapitalismus, wobei die Quantifizierung durch Geldmaßstab keine Wachstumsgrenze bezeichnen kann. (Auch der Sozialismus stellte sich bisher nicht der Aufgabe einer restriktiven Bevölkerungspolitik und der Ressourcenüberführung in Menschheitseigentum unter entsprechender Rationierung.)27

Die beste Sozialpolitik sei die Wachstumspolitik, was auch nach Schumpeter wiederum eine Gleichgewichtsstörung bedeutet und Milderung der Konjunkturschwankungen als nicht ausreichend erscheinen läßt. Für Sozialpolitik müssen erst einmal die Ressourcen geschaffen werden.* Gerät dabei aber wiederum die Bevölkerungspolitik aus dem Blickfeld — und daß die Fruchtbarkeitsrate eine Naturgesetzlichkeit an sich habe, ist eben lediglich eine politische Bequemlichkeit und eine Überspannung der "Freiheit" (heute zur Willkür hin) — , so bedeutet derartige Unachtsamkeit und Bequemlichkeit eine massive Verkürzung der Lebensdauer der Menschheit.28

An diesem Punkt des viel gesuchten "Dritten Weges" setzt BIOTELIE an. Der Ausdruck Steuerwesen (§ 7) entspricht hierbei etwas stärker der deutschen Wortbedeutung als das bloße Schätzwesen (taxation). Daß Gerechtigkeit wieder auf GEGENSEITIGKEIT fußt und weniger Verteilungsgerechtigkeit ist, bringt zwangsläufig eine antisozialistische Komponente ein; die kybernetische Kontrolle und Rückkopplung über die biotele Gutachteninstanz dürfte die heutigen wohlfahrtsstaatlichen Auswüchse trotz Vetorecht der Betroffenen zurückstutzen. Ich gehe hier einmal vom Endstadium einer legislatorischen biotelen Kompetenz aus, in der eine Gegenpropaganda gegen die wissenschaftliche "Schulmeinung" in den Massenmedien (und nur dort) gesetzlich verboten ist; wie heute jeder Angriff auf die Verfassung auch in jedem Rechtsstaat. Gleichzeitig werden aber die Informations- und Bildungsmöglichkeiten verbreitert. Parlamentarische und biotele Gesetzgebung sind dann sowohl konkurrierend als auch sich kompensatorisch ergänzend. Da die biotele nur punktuell auf Eingaben und bei (doch nicht so häufigen) Gutachtenübereinstimmungen überhaupt wirksam werden kann, bleibt das Hauptvolumen der Regierungsarbeit bei Parlamenten und Regierungen, in deren Aufgabenbereich Interessenausgleiche und Kompromisse fallen. Es wird also mit BIOTELIE eine nahtlose Entwicklung angestrebt, die mit dem biotelen Gutachtenverfahren selbst und dessen Publikationsgewicht ohne jegliche Hoheitsrechte beginnen und in einer langzeitpolitischen parteieinübergreifend wirksamen Dauerreforminstanz enden könnte.

Um ein Beispiel zu anzuführen: Aufgrund des Rücktritts- oder Selbstschädigungsrechtes könnten Heroinsüchtige nur sehr bedingt von ihrer Sucht durch biotele Gesetzgebung abgebracht werden; es müßte im Einzelfall nachgewiesen werden, daß Dritten ein beträchtlicher über Beispielwirkung und Nachahmung hinaus entstandener Schaden entsteht. Ein Parlamentsgesetz aber kann den Heroingebrauch verbieten und ist dabei nicht an eine Abstimmung unter den Betroffenen, ja in einer repräsentativen Demokratie nicht einmal an ein Mehrheitsvotum etwa über Volksbefragung gebunden. Alle Parlamentsgesetze unterlägen zwar der biotelen Gutachtenkontrolle, welche wieder bei schlechter Abfassung durch das Veto der Betroffenen gekippt werden könnte. Aber es ist ziemlich unwahrscheinlich, daß von Seiten der biotelen Begutachtung gegen ein Heroinverbot bei Abwägung zwischen AUTONOMIE-Einschränkung und Selbstzerstörung ein übereinstimmender wissenschaftlicher Einwand erhoben würde. An dieser Stelle sei auch vermerkt, daß bereits die Tatsache der biotelen Kontrolle die Parlamentarier zu freiwilliger Vorbegutachtung ihrer Gesetze veranlassen würde, um ihr Gesicht wahren zu können. Ein neues Denken und eine andere Parlamentszusammensetzung wären zu erwarten.

Die vom Kapitalismus her nicht zu beantwortende Frage nach den Wachstumsgrenzen führen bei der BIOTELIE also zu den Bereichen der Bevölkerungspolitik und der Ressourcenrationierung; solche eigentlich in der Logik des Sozialismus enthaltene Forderung lag dem Sowjetkommunismus wegen dessen Ressourcenreichtums (besonders in der Sowjetunion) natürlich fern. Beide Drosselungsinstrumente, die eigentumsmäßige Ressourcenglobalisierung (d. h. die Überführung aller Naturschätze in Menschheitseigentum) insbesondere, könnten selbstverständlich nur in politisch und "sozialverträgliche" Stufen angewandt werden; sie entsprächen jedoch dem AUSGLEICH zur Chancengleichheit. Den Völkern, die heute etwa von ihren Bodenschätzen leben, müßte erst Zeit und Gelegenheit gegeben werden, eine eigene Industrie zu entwickeln. Die nationalen und Stammes-Kontingente könnten dann frei gehandelt werden und böten auch weniger zivilisierten Gesellschaften eine legitime Teilhabe etwa am hygienischen Fortschritt. Es bestünden daneben noch Verpflichtungen zur Katastrophenhilfe gemäß dem Aspekt der SUBSIDIARITÄT vor allem durch den jeweils zuständigen Weltpolizeiblock. (Die fünf bis sieben etwa gleichstark gerüsteten und überwiegend in zivilen Ausbildungs-Austauschverhältnissen zur Kontrolle von Abrüstungs- und Menschenrechtsverletzungen tätigen Blöcke wären alle personell international gemischt und streng territorial getrennt zuständig. National würde bis auf schwach bewaffnete Polizeikräfte abgerüstet.) Die UNO als ständiger Konvent der Regierungen würde schon wegen der zur Erhöhung ihrer Entscheidungsfreiheit notwendigen Absprachen für einen kollektiven "Rücktritt" wesentlich aktiver als heute. Denn nur wenn die Nachteile einer Nichtbeachtung bioteler Gesetze von den entsprechenden Völkern von ihnen selbst in sich aufgefangen würden, könnten sie in Eigenentscheidung und Sonderentwicklung ausscheren: die Kulturunterschiede aber fordern solche Eigenwege. Von dieser Utopie, die aber vor anderen viel voraus hat, zurück in das konkrete Leben.

Der Versuch über eine biotele Modellbegutachtung zu einem zusätzlichen Werkzeug partieller Entscheidungsmöglichkeit außerhalb von Abstimmungsmehrheiten in Gremien, Kommissionen oder anderen Entscheidungskollektiven zu kommen, erscheint mir nach jahrzehntelangen Gedankenexperimenten lohnend, ja wesentlich.

Die Befassung mit der Problemlösung jeweils unter den vier Bereichen (A - D) führt natürlich zu Wiederholungen der Gesichtswinkel oder Aspekte, was zum Umkreisen des Themas erwünscht ist und zu zusätzlichen Assoziationen führen soll. Bei der berechnenden Auswertung sollen jedoch Doppelantworten im Sinne der Wiederholung von Argumenten durch die Zentrale (aber allen unter Einspruchsrecht sichtbar) ausgeschieden werden. (Die letzten Angaben beziehen sich auf das Gutachtenschema, welches mit Seite 3 in STIMME DER WISSENSCHAFT beginnt.)

 

DIE GRETCHENFRAGE

haben sich auch die Wissenschaftler, die anläßlich einer Enquête (zu deutsch ganz einfach: Untersuchung) zum Thema "Schutz des Menschen und seiner Umwelt" (Deutscher Bundestag Drucksachen 12/8260 und 13/11200) nicht gestellt, weil sie berechtigterweise annahmen, nicht darnach gefragt worden zu sein:
Wie läßt sich der Widerspruch zwischen einer an Wahlperioden orientierten parlamentarischen Politik und der bisher von letzterer sträflich (für das Volk) vernachlässigten zum "Schutz des Menschen und seiner Umwelt" erforderlichen Langzeitpolitik auflösen?

An diese Frage schließt eine zweite an: haben wir wirklich aus unserer jüngsten Vergangenheit gelernt? Diese Frage ist mit einem "nie wieder Auschwitz!" und einer in Verkleidung der Antifa auftretenden neuen Faschismusdrohung nicht befriedigend beantwortet.
Ich sattle die dritte Unterfrage drauf: wie hält es die Politik mit der Wahrheit? Von Seiten der Bürger ernte ich da wohl nur schallendes Gelächter; und denen, die für unsere  Wissenschaft auftreten, scheint sie ja bisher in weiter Überzahl gleichgültig.

So hat sich bisher der Gesetzgeber nicht dazu veranlaßt gesehen, aus dem Unglück eine Lehre zu ziehen, welches aus dem zu radikalen Traditionsbruch 1918 (zumindest nachträglich) geradezu schicksalsmäßig ableiten läßt. Nur gewisse mathematische Hürden, wie etwas die Fünf-Prozent-Klausel der Parteien für den Einzug in den Bundestag und Erschwerungen für Volksbefragungen, stellte man der Gefahr einer Massendemokratie oder "Demokratie der Straße" unter Führung von Demagogen mit anarchischen Zügen entgegen. Diese, die  "wahre und reine Demokratie" wurde schon von den großen Denkern des  Altertums als Vorstufe der Diktatur gewertet und abgelehnt. Anläßlich einer Vertrauenskrise zwischen Parlament und Volk, die sich an schlechter Wahlbeteiligung ablesen läßt, steigen die Chancen der "Direkten Demokratie" und damit die Gefahren für den Rechtsstaat (in seinen noch funktionierenden Teilen) an, denn nirgendwo zeigen sich die Wortführer dieser "Demokratiebewegung" bereit, sich mit den Fragen der Gemeinwohlrückbindung und -verantwortlichkeit ernsthaft zu befassen.

Die herrschenden Parteien unterstützen eine unvoreingenommene Prüfung der BIOTELIE-Thesen bisher ebenfalls nicht: denn es könnte sich ja ihr eigens Versagen bestätigen; und was noch schlimmer wäre, sie könnten in ihrer Eigenmächtigkeit und Selbstbereicherung künftig beinträchtigt werden. Leichter findet sich insgesamt durchgehend eine Mehrheit für die Erhöhung der Abgeordnetenbezüge. Die Aufstandbereitschaft des Volkes ist noch gering, solange der Wohlstand auf Pump noch vorhält. Dafür ist es beliebt, von der "Generationengerechtigkeit" zu faseln.

Auch die Wissenschaftler an den oben angeführten Enquêtes waren sich rasch über den Zielbegriff der "nachhaltigen Entwicklung" einig; in der ersten Untersuchung aus 1995 wurde innerhalb des Textes wenigstens noch darauf hingewiesen, daß der genannte Begriff aus dem Wirtschafts- Entwicklungs-Diskurs heraus gebildet wurde und ihm entsprechende Definitionsmängel anhaften, die sich heute prompt in Schlagwörtern wie "nachhaltige Mobilität" von Seiten der Automobilindustrie und "nachhaltiges Wirtschaftswachstum" in Politikkreisen niederschlagen. Natürlich bricht eine Wirtschaft zusammen, wenn die Menschen abgestorben sind und müßte deshalb auch für den Menschen da sein: aber man sollte doch das Pferd nicht vom Schwanz her aufzäunen!

Wofür ich den Schutz der Wissenschaft für die Zukunft unserer Jugend anfordere, ja erflehe, ist die uneingeschränkte Rückkehr wenigstens einer Minderheit unter den Wissenschaftlern zum Streben nach Wahrheit in allen Bereichen. Diese Minderheit wäre es, die gestützt auf beweiskräftige Argumente, unseren Politikern das Bekenntnis zu einer Konstitutionellen Demokratie abringen könnte. Unter einer solchen verstehe ich die Unterordnung der Mächte unter eine Verfassung, die nicht von jeder Parlamentsmehrheit nach den augenblicklichen aus ihrer eigenen Sicht gedeuteten Zeitbedürfnissen sozusagen willkürlich geändert werden kann, sondern als übergeordnete Verfassung eine in ihrem Kernbereich präzis formulierte, Pflichten und Rechte bezeichnende, biotele Verfassung, nämlich eine solche, die in erster Linie im Dienst der Erhaltung des Lebens steht. Es wäre dann dafür Sorge zu tragen, daß nicht beliebig zustande gebrachte Mehrheitsbeschlüsse unter der fiktiven Annahme, das Volk als "Souverän" habe seinen Willen in ihnen zum Ausdruck gebracht, die Rechtsstaatlichkeit aushebeln können. (Dabei müssen wir uns damit begnügen, einen solchen Fall lediglich mit höherer Wahrscheinlichkeit notfalls über die Möglichkeit von Vernunftappellen der neu und unabhängig organisierten Wissenschaft auszuschließen.
Denn die biotele Gesetzgebung stünde ja selbst auch unter der Einschränkungsmöglichkeit durch ein Veto der Betroffenenmehrheit, die häufig auch die Bevölkerungsmehrheit sein könnte. Jedoch wäre das Volk nicht mehr allein auf das angewiesen, was seine Repräsentanten untereinander abstimmen oder ihm — aus welchen Motiven auch immer — seine Repräsentanten zur Abstimmung vorlegen. Die hervorgehobene Qualität unabhängiger biotel angesteuerter Wissenschaftsurteile würde sich bald in der Bevölkerung herumsprechen und deren Abstimmungsverhalten beeinflussen.)

Die eingangs gestellte Gretchenfrage wäre erst dann und dadurch beantwortet, wenn und daß sich unsere Parlamentarische Demokratie zum Bestandteil einer Konstitutionellen Demokratie als einer gemischten Staatsform erklärte, in welcher nach aristotelischem Vorschlag das Königtum (als Verfassung) und die Aristokratie (als organisierte Fachwelt) fortleben.
Dies hieße von der verlogenen Fiktion Abschied zu nehmen, daß alle Menschen von Natur auf gleich oder doch über AUSGLEICH gleichzustellen seien, sondern sich für die Gleichheit von jedermann vor dem Recht stärker zu machen, was der menschlichen Kultur gemäß auch die Hilfe für Schwache beinhaltet. 
Es wären dann die Möglichkeiten zu prüfen, unabhängige wissenschaftliche Urteile ohne vermeidbare Beeinflussung durch Eigen- und Gruppeninteressen in Fragen des Gemeinwohles zustande zu bringen. Damit verbunden wäre die Frage, unter welcher Art von Organisation des Schul- und Bildungswesens der erwerbsfähige, urteilsfähige und mündige Bürger unter größter Leistungsfähigkeit des Ganzen am ehesten erzielt werden kann.

Erst daran an schließt sich der an der Wahrheit orientierte und entsprechend  kontrollierte Diskurs um die Lösung, jedem Einfallsreichen und Fähigen die Möglichkeit zu gewähren, auch um politische und soziale Verbesserungsvorschläge einzugeben, die unabhängig und sachkundig geprüft und gegebenenfalls zur Verwirklichung vorgeschlagen werden. Nach dieser Prüfung stünde die Frage der Verfassungsänderung auf der Tagesordnung, ohne die eine gesetzlich unterstützte Durchführung ja nicht möglich wäre. Dieses direktdemokratische Element wäre durch das zweite zu ergänzen, daß die Mehrheit von biotelen (d. h. wissenschaftsangeregten) Gesetzesvorschlägen Betroffenen in elektronischer Direktabstimmung einen jeden dieser Vorschläge einzeln an der Inkraftsetzung hindern kann.

Um die Gretchenfrage hat man sich gerne herumgedrückt: Wasch' mir den Pelz und mach' mich nicht naß!, heißt es doch. Unverkennbar tendieren die erwähnten Enquête-Untersuchungsberichte zum biotelen Ziel; aber ohne sich auf HYPARCHIE, auf eine Einschränkung von Gewalt, Zwang und Bedrohung auf ein Minimum zu beschränken, wird Rechtsstaatlichkeit mit einer sanften Vorgehensweise etwa bei der als notwendig erkannten globalen Geburtenreglung gleichgesetzt. Minimierung an Gewalt , Zwang und Bedrohung, darf aber nicht mit Gewaltlosigkeit gleichgesetzt werden. Unübersehbar ist doch, daß das unumschränkte "Elternrecht", die Zahl ihrer Kinder zu bestimmen, in Regie der Traditionen, von Religionen bis hin zu den Nationalismen, zu schwersten kriegerischen und terroristischen Konflikten führen muß, also zu einem Anstieg von Gewalt, Zwang und Bedrohung. Man muß die sanfteste regional wirksame Vorgehensweise auch bei der Geburtentegelung suchen, aber eben dennoch nach einer wirksamen, wenn man Frieden über Gerechtigkeit anstrebt. Stattdessen nimmt man die Menschenrechtserklärungen unkorrigiert als schicksalhaft hin, da man kein anderes Instrument zur Einigung kennt als Kommissionsbeschlüsse, und die lassen eben keine klaren und schlüssigen Entscheidungen erwarten. Denn so ziemlich jeder an solchen Kommissionsbeschlüssen Beteiligte sucht nach irgendeinem Schlupfloch zur Rettung seiner ihm liebgewordenen Gewohnheiten und Vorteile. Und so wird weiter in den Schulen gelehrt (und gelogen),
die Menschen seien alle gleich; und wo diese Gleichheit auf Rechtsgleichheit eingeschränkt wird, da wird daraus abgeleitet, daß jeder auch an der Gesetzgebung gleich beteiligt werden müsse. Es bleibt also die Forderung im Raum, die "echte und wahre" Demokratie herbeizuführen, in der alle über alles bestimmen. Auf diese Weise  bleibt die Rechtsordnung von Demagogen bedroht, welche die Massen täuschen und zu Machtzwecken verführen. Sogar die Anarchie (Herrschaftslosigkeit) in ihrer erträumt edlen Gestalt der Gewaltlosigkeit würde aus dem zukünftigen Leben auf der Erde ein rasch abbrennendes Feuerwerk machen, indem Leben als sofortiges Ausleben aller Begierden und Wünsche verstanden wird.

Von hier aus möge man meine Ablehnung des "Demokratischen Sozialismus" und die Forderung nach dessen Ächtung verstehen;
und jede bekannte und vermutlich auch denkbare Form des Sozialismus tendiert zur Diktatur hin, da Menschen nie ehrlich sind, wenn es um die Stillung ihres Machthungers geht. Der schlagendste Beweis für diese meine Behauptung ist die totale Ablehnung vor allem aller Linkserzogenen gegenüber der Freigabe und Darbietung anderer Ideen und Vorstellungen, um das VERGLEICHEN (also die Urteilsfähigkeit und damit die Wahrheit) zu unterdrücken.
Mehr Ehrlichkeit in der Politik, dies aber muß der Ausgangpunkt jeder Demokratiereform sein.

Margarete. Nun sag', wie hast du' s mit der Religion?

Johann Wolfgang v. Goethe