PROLOG

 

Wie lange hört man noch die Glocke?
 (in sehr freier Anlehnung an Friedrich Schiller)

 

Noch ruht die Backerschaufel mit den Eisenzähnen
 am Waldesrand,
es weicht die Nacht;
— zum Gähnen
hat eine erste Amsel mich gebracht;
— sie hat mich nicht gestört —
Rotschwänzchen, Schwirl und Zilpzalp mit den andern allen,
sie fallen
ein zum lärmenden Konzert,
Moment' der Stille
 folgen
als säße da ein Dirigent, ein Wille,
hoch über zarten Cirrhus-Wolken.

Bald hat die Technik uns doch eingeholt,
du trittst hinaus und siehst die Menschen hasten:
sie tragen nichts und leiden unter Lasten,
und keiner hört,
 sprachlos vor Geschwätz
vermelden sie im Handy, wo sie sind;
 was sie gerafft;
— und daß sie keiner stört
wenn vor den Fernsehschirmen sie erstarren!
es wird gegafft,
in vorgetäuschte Welt;
das kleinste Kind
 hat seine Unschuld längst verloren:
die Ohren
 betäubt vom Schall,
verstärkt durch die Membran,
die Wahrheit längst vom Wahn 
dahingerafft.

Die Sonne steil von oben
spiegelt uns Feld und Flur;
über der Gerste Wogen
 burrt jetzt ein Spatzenschwarm,
dieweil' das Schwarzwild grunzend sich zurückgezogen.
— Wie lange noch?
 wann hat der Moloch
 Technik brüllend die Natur,
das Leben
 ganz ohn' Erbarm'
zerstört und ausgetreten?

Der Himmel angefeuert,
vom fernen Kirchturm dringt das Abendläuten;
doch nicht ein Küster zieht am Strange,
Elektrohämmer
schlagen ferngesteuert
fabrikgewalzte Platten.
Ob jetzt im Abenddämmer,
— wo alle von der Glotze abgelenkt —
noch irgendeine Seele betend des Herrn gedenkt?
Die Drossel singt ihr kurzes Lied, aus nahem Wald
der Kiefern Dunkelheit und Schatten.

Auch mir wird kalt und bange:
begreift denn keiner, wie wenig Zeit uns eben
 noch bleibt,
das Rettungswerk zu starten
für heiter-
ernstes Leben:
wie lange
wollen wir weiter
auf unverdienten Segen
warten?